Obwohl das Wort Kinderwagen¹ bereits im Jahre 1700 zur deutschen Umgangssprache gehörte, spielten die praktischen Familienfahrzeuge im Aufklärungszeitalter kaum eine Rolle. Die Bäuerinnen brauchten ihre Hände zum Arbeiten, weshalb sie ihre gepuckten² Säuglinge bis zum ersten Geburtstag am Leibe trugen. Hingegen die Aristokraten versuchten generell Sonnenlicht und Geziefer³ von ihren Neugeborenen fernzuhalten. Wenn der Transport eines Adelssprosses unumgänglich war, dann zog die Amme einen speziellen Mantel⁴ an, in dem ihr blaublütiger Schützling blickdicht befördert werden konnte. Selbst nach dem Abstillen gab es keinen Bedarf an Babykarossen, da die bedauernswerten Quälgeister ab sofort auf eigenen Beinen stehen mussten.
Mit Erreichen des ersten Lebensjahres und des Laufalters wurden die lieben Kleinen dann ausgewickelt und liefen in weiten Hemdchen und mit einem Laufwägelchen herum.
Stühlmeyer, Barbara: Kinder im Mittelalter. In: Karfunkel Nr. 109 (2013). S. 8.
Waren weitere Strecken zurückzulegen, dann setzten die Landfrauen ihre Plagen in Schubkarren. Erlauchte Kleinstkinder reisten bequemer, da Stellmacher für diesen Kundenkreis verspielte Minikutschen anboten, bei denen zumeist ein Hund oder ein Bediensteter⁵ als Zugtier fungierte.
In der guten alten Biedermeierzeit änderte sich plötzlich alles. Durch die voranschreitende Industrialisierung wurden immer mehr Bauern in die boomenden Städte gelockt. Währenddessen die Männer werktags 14 Stunden⁶ in den Fabriken schufteten, saßen die Frauen in den Mietskasernen und organisierten den Haushalt.
Wenn die Strohwitwen zum Einkaufen gehen mussten, dann war der Transport des Nachwuchses jedes Mal eine große Herausforderung. Schließlich konnten Säuglinge und Kleinkinder nicht unbeaufsichtigt in der Wohnung bleiben.
Während die Frau ihrem Mann das Mittagessen in die weiter entfernt liegende Werkstatt oder Fabrik brachte, konnte der Nachwuchs ja nicht unbeaufsichtigt bleiben.
Montag, Andreas: Kinderwagen aus Zeitz: Ernst Albert Naether erfand in Zeitz den Kinderwagen. mz-web.de (03/2020).
Es dauerte sehr lange, ehe die Nöte der Stadtmuttis zur Kenntnis genommen wurden. Erst im Jahre 1846 stellte ein Stellmacher namens Ernst Albert Naether funktionelle Babykarren in Serie her. Hierfür importierte der preußische Jungunternehmer handgeflochtene Weidenkörbe aus dem Königreich Bayern, die seine Arbeiter in Zeitz auf selbst gebaute Leiterwagen montierten.
Bei den ursprünglichen Deichselwägelchen war der Korb direkt auf den Achsen befestigt, der kleine Erdenbürger lag gefährlich nahe am Boden.
Sturm-Godramstein, Heinz: Kinderwagen gestern und heute. Erweiterte und aktualisierte Neuauflage. Norderstedt: BoD - Books on Demand GmbH 2001.
Naether produzierte mitten im Nirgendwo. Kein Wunder, dass der Handwerker zunächst nur wenig Kinderwagen absetzte, da die rollenden Wannen nicht in der Provinz, sondern in den weit entfernten Metropolregionen benötigt wurden. Um den Verkauf anzukurbeln, musste der Visionär seine Erfindung überregional bekannt machen. Aus diesem Grund bot der tüchtige Geschäftsmann im Jahre 1852 einige Säuglingskutschen⁷ auf der Leipziger Messe an.
Bereits 1850 findet sich in der Zeitzer Lokalpresse ein erster Hinweis darauf, dass Naether Kinderwagen baute, die er ab 1852 auf der Leipziger Messe anbot.
Schwetje, Sonja: Die Geschichte der Kinderkutsche: Zeitz bleibt die Stadt der Kinderwagen. n-tv.de (03/2020).
Ungefähr zur selben Zeit kam in England der Perambulator⁸ auf den Markt. Das war ein dreirädriges Kindertransportmittel, das wie ein Rollstuhl aussah. Die angelsächsische Bevölkerung schätzte es sehr, dass sich das viktorianische Vehikel schieben ließ, da die Mütter so ihren Nachwuchs immer im Auge behalten konnten.
Charles Burton created the first recognisable pram called the ‘perambulator’. The perambulator had a 3 wheel push design. It looked a little bit like Grandpa’s favourite couch with big spoked wheels.
Gower, Campbell: The history of the stroller - from then to now. philandteds.com (03/2020).
Kurz darauf übernahm Ernst Albert Naether das britische Beförderungskonzept, indem er die Deichsel an seinen Babylimousinen wegließ und stattdessen eine Schubstange anbrachte.
Zwar wirkten sich die Änderungen positiv auf die Bestellungen aus, trotzdem konnte Naether immer noch nicht gewinnbringend produzieren, weshalb er stets auf der Suche nach billigen Tagelöhnern war. Zur Not gab sich der Kinderwagenbauer auch mit Häftlingen zufrieden, die im Königreich Preußen als Zwangsarbeiter schuften mussten.
Da es an Kapital mangelt, muß Naether nach billigen Arbeitskräften Ausschau halten. 1860 überstellt ihm die Strafanstalt auf der Zeitzer Moritzburg an die hundert Gefangene.
Sturm-Godramstein, Heinz: Kinderwagen gestern und heute. Erweiterte und aktualisierte Neuauflage. Norderstedt: BoD - Books on Demand GmbH 2001.
Bis zur Gründung des Deutschen Kaiserreichs waren Zeitzer Korbwagen Bedarfsartikel für das gut situierte Bürgertum. Um günstiger produzieren zu können, investierte Naether in den 1870er Jahren in einen dampfkraftbetriebenen Maschinenpark.
- Durch die eingesparten Personalkosten konnte der clevere Fabrikant seine Produkte günstiger anbieten, was dazu führte, dass Säuglingskutschen ab sofort auch das Leben von Proletarierfamilien erleichterten.
Von nun an gehörten die Babykarossen zu den alltäglichen Gebrauchsgegenständen. Im Gegensatz zu heute durften die Vehikel jedoch nicht auf dem Gehweg fahren, da sie wie Pferdekutschen vier Räder besaßen.
Kristin Otto: Es war verboten, mit den Kinderwagen auf dem Bürgersteig zu fahren. Die hatten vier Räder, wie eine Droschke, wie eine Pferdekutsche und mussten deshalb auf der Straße fahren.
Sonderhoff, Annica: Deutsches Kinderwagenmuseum. youtube.com (03/2020).
Zwischen 1880 und der Jahrhundertwende machte die Kinderwagenentwicklung große Sprünge. Die seinerzeit medial propagierte Reformpädagogik erzeugte ein Bewusstsein dafür, dass Minderjährige andere Bedürfnisse als Erwachsene haben. Plötzlich wollten die Eltern nur noch das Beste für ihren Nachwuchs, weshalb sich die komfortarmen Familienfahrzeuge verändern mussten.
- Die Firma Naether reagierte, indem sie die klobigen Buchenholzräder von ihren Produkten entfernte. Stattdessen kamen von nun an große Stahlfelgen zum Einsatz, die mit einer laufleisen Kautschuksohle überzogen waren.
- Des Weiteren erschienen gefederte Luxusmodelle, bei denen der Weidenkorb ein ledernes Klappverdeck⁹ besaß.
Durch den Modernisierungseifer des Zeitzer Babykutschenbauers gab es während der ersten neuzeitlichen Olympiade bereits über 100 deutsche Kinderwagenvariationen zu kaufen.
Zwei Jahre nach dem Tod des Firmengründers enthält der Katalog der Firma Naether aus dem Jahr 1896 bereits über 100 verschiedene Modelle.
Thiede, Rocco: Stadt der Kinderwagen. die-tagespost.de (03/2020).
Im Ersten Weltkrieg verschwanden die ursprünglichen Kinderwagen von der Bildfläche, da Weidenkörbe für den militärischen Nachschub benötigt wurden. Wer ein neues Babytransportmittel benötigte, der musste sich mit einem rollenden Schichtholzkasten zufriedengeben. Der Notstand hielt jedoch nicht lange an. Bereits in den 1920er Jahren eroberten wieder komfortable Säuglingskutschen den Markt, die teilweise wie kleine Autos aussahen.
Metallkastenkinderwägen kamen um 1928 in Mode.
Hammerl, Tobias: Kinderwagen. freilandmuseum.org (PDF) (03/2020).
Durch die neu eingeführte Fließbandfertigung konnte die Firma Naether ihre Produktpreise weiter senken. So gab es Standardfahrzeuge mit Klappverdeck und verchromten Chassis bereits für 52,00 Reichsmark zu kaufen.
- Wer seinem NSDAP-Blockleiter imponieren wollte, der legte sich einen Panoramakinderwagen zu, den die Zeitzer Babykutschenbauer im Jahre 1936 herausbrachten.
Endlich mussten die Mütter im Biergarten nicht mehr aufstehen, wenn sie ihren Nachwuchs betrachten wollten, da bei diesen Luxusmodellen die Wanne mit Fensterscheiben ausgestattet war.
In Zeitz war der erste Fensterkinderwagen schon 1936 in Serie gegangen.
Worst, Anne: ZEKIWA. Kinderwagen aus Zeitz. youtube.com (03/2020).
Nachdem die sowjetische Militäradministration die E.A. Naether GmbH am 17. April 1948 rechtskräftig enteignet¹⁰ und kurz darauf demontiert hatte, füllten die nordbayerischen Zulieferbetriebe die entstandene Lücke, indem diese von nun an komplette Kinderwagen herstellten. Der westdeutsche Wettbewerbsvorteil hielt jedoch nicht lange an, da die DDR-Regierung ab den 1950er Jahren in Zeitz wieder erstklassige Babytransportmittel herstellen ließ.
In Zeitz werden täglich etwa 1000 Kinder-, Sport- und Puppenwagen gebaut. [...] Mit drei Tagen Planvorsprung bis zum Juli will die volkseigene Zeitzer Kinderwagenindustrie helfen, die große Nachfrage zu befriedigen.
Worst, Anne: ZEKIWA. Kinderwagen aus Zeitz. youtube.com (03/2020).
Die Geschichte des VEB ZEKIWA ist ein eigenes spannendes Kapitel, das für meinen Papierkinderwagen jedoch keine Rolle spielt. Denn beim Entwerfen meines Kunstobjekts orientierte ich mich an den ursprünglichen Modellen, die Ernst Albert Naether während der Industriellen Revolution erschaffen hat.
Das Zentrum meines Vintage-Kinderwagens stellt eine 12 Zentimeter¹¹ lange Wanne dar, an der ein bewegliches Klappverdeck befestigt ist. Dabei besitzt das Faltdach eine verschlissene Lederoptik, um den Steampunk-Stil des Fahrzeugs hervorzuheben.
- Darüber hinaus befinden sich an den beiden Achsen insgesamt vier dynamische Speichenräder, die ich mithilfe der Quilling-Technik¹² hergestellt habe.
- Des Weiteren gehört nicht nur eine Schubstange, sondern zudem ein gepolsterter Innenraum zur Ausstattung meiner Säuglingskutsche.
Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass frischgebackene Mütter nach der Entbindung vor allem praktische Alltagshelfer und Babypflegeprodukte benötigen. Wer mit seinem Erstlingsgeschenk lange in Erinnerung bleiben möchte, der kann seine gekauften Drogerieartikel zusätzlich mit einem selbst gebastelten Papierkinderwagen aufwerten. Hierfür bietet sich mein Luxusmodell als Vorlage an, da ich für dieses Vehikel sowohl eine Aufbauanleitung als auch meine Schnittmuster zur Verfügung stelle.
Die gewölbte Wanne
Fast alle Bestandteile meines Kinderwagens basieren auf handelsüblichem Tonpapier. Darüber hinaus kamen Schaschlikspieße, Rundkopfklammern, Bastelösen und Dunilin-Servietten zum Einsatz. Des Weiteren staffierte ich neben dem Innenraum auch die Räder mit zwei Millimeter starken Moosgummiplatten aus. Außerdem verwendete ich einen Acrylfarbenmix, einen Kleber auf Wasserbasis und eine dreilagige Tissue-Serviette, um das lederne Klappverdeck zu erzeugen. Hingegen als Werkzeuge nahm ich eine Schere, ein Hobbyskalpell, ein Falzbein, ein Prägemuster, einige Pinsel, diverse Eyelet-Setter¹³ und meine DIN A4 Schablonen (#1 /#2 /#3 /#4) zur Hilfe.
Bevor ich den gewölbten Babykorb herstellen konnte, musste ich die Vordrucke von Schablone #1 auf Tonpapier übertragen. Nachdem ich die neun Einzelteile ausgeschnitten hatte, schoss ich Löcher in die sechs Wannensilhouetten ein.
- Unmittelbar danach suchte ich mir die beiden schönsten Kinderwagenfassaden heraus. Die auserwählten Module ließ ich dann zusammen mit einer Prägevorlage durch meine Sizzix Big Shot¹⁴ Maschine.
Als Nächstes kümmerte ich mich um die balkenförmigen Elemente. Zunächst sorgte ich dafür, dass die spätere Außenwand ebenfalls ein aufgestanztes Muster erhielt. Dann verstärkte ich den dekorierten Streifen, indem ich diesen symmetrisch auf seine stacheligen Artgenossen klebte.
Gleich darauf erzeugte ich einen Container. Hierfür musste ich den dreilagigen Papierbalken wölben, damit ich an den gezackten Seiten jeweils eine wannenförmige Wand anbringen konnte. Im Anschluss daran ließ ich die spitzen Klebelaschen hinter gedoppelten Kinderwagensilhouetten verschwinden.
Nun wollte ich den fertiggestellten Babykorb mit einem Matratzenboden ausstatten, weshalb ich das Einzelteil von Schablone #2 zweimal aus Tonpapier herstellte. Nachdem ich die beiden Module gefalzt, gelocht und aufeinandergeklebt hatte, nahm ich das geflügelte Viereck zur Hilfe, um die Wannenöffnung zu verschließen.
Das Faltdach
Im nächsten Schritt kreierte ich eine Lederoptik. Hierfür zog ich zunächst einmal die drei Lagen einer Tissue-Serviette auseinander. Unmittelbar danach zerriss ich die weiße Feinschicht in unterschiedlich große Stücke. Im Anschluss daran strich ich die Vorderseite eines rehbraunen DIN A4 Tonpapierbogens mit einem Bastelkleber auf Wasserbasis ein.
Solange die Papieroberfläche noch feucht war, staffierte ich die glibberige Masse mit den vorbereiteten Zellstoffschnipseln aus. Die Anordnung spielte dabei keine Rolle. An manchen Stellen sorgte ich sogar dafür, dass sich die einzelnen Fetzen überlappten.
- Nachdem ich alle Serviettenelemente aufgetragen hatte, tupfte ich weiteren Bastelkleber über das gesamte Schaubild.
- Gleich darauf ließ ich das Ganze zehn Minuten lang trocknen.
- Als Nächstes erhielt mein hartgewordenes Kunstwerk eine gelbe Acrylfarbengrundierung. Die Basiskoloration wertete ich umgehend danach auf, indem ich das Terrain stellenweise mit verschiedenen Brauntönen bemalte.
Dabei pinselte ich so lange, bis das abstrakte Mischmasch wie ein verschlissener Lederbezug aussah. Erst dann gönnte ich dem fertiggestellten Dachmaterial eine viertelstündige Pause.
Bevor ich nun das Verdeck herstellen konnte, musste ich die Zungen von Schablone #3 freistellen. Im nächsten Schritt fertigte ich von jeder Vorlage ein Replikat aus Ton- und aus Lederpapier an. Nachdem ich die gleichgroßen Elemente symmetrisch aufeinandergeklebt hatte, schoss ich Löcher in die Leistenenden ein.
- Gleich darauf fädelte ich die Streifen der Länge nach auf eine Musterbeutelklammer auf, wobei die voluminöseste Planke die Vorhut bildete. Des Weiteren achtete ich beim Aufstecken darauf, dass die verzierten Modulseiten zum Nadelkopf zeigten.
- Im Anschluss daran machte ich das mehrlagige Zellstoffsandwich an einer Kinderwagensilhouette fest.
Nach dem gleichen Prinzip brachte ich die Latten dann auch am gegenüberliegenden Fahrzeugflügel an. Zu guter Letzt schob ich die fixierten Bänder mit meinen Fingern auseinander, woraufhin ein bewegliches Faltdach zum Vorschein kam.
Die Innenausstattung
Wie bereits erwähnt sollte mein Kinderwagen ein Luxusprodukt aus dem 19. Jahrhundert sein. Aus diesem Grund musste ich den Babykorb mit einer Matratze und weichen Polstern ausstaffieren. Hierfür schnitt ich mir als Erstes die Einzelteile von Schablone #4 aus Moosgummi und aus Dunilin-Servietten zurecht.
Nachdem ich immer zwei identische Schaumstoffstücke aufeinandergeklebt hatte, wickelte ich die Polymerplatten mit passenden Zelltuchelementen ein. Direkt im Anschluss verkleidete ich die Säuglingswanne, indem ich die fertiggestellten Kissen im Innenraum festmachte.
Die Bereifung
Neben dem Lederverdeck stellen die antiquierten Wagenräder ein weiteres Highlight an meiner Babykutsche dar. Dabei nahm ich für die Reifenproduktion die Quilling-Technik zur Hilfe, weshalb ich mir die folgenden Tonpapierstreifen zurechtschneiden musste:
- 4x 50 x einen Zentimeter (Innere Radnaben / Tight Coils).
- 4x 50 x 0,5 Zentimeter (Äußere Radnaben / Tight Coils).
- 2x 200 x 0,5 Zentimeter (Kleine Felgen / Ring Coils).
- 2x 250 x 0,5 Zentimeter (Große Felgen / Ring Coils).
Wichtig: Die extragroßen Bahnen baute ich aus 50 Zentimeter langen Gliedern zusammen, die ich an den Enden aneinanderklebte.
Als Nächstes spaltete ich die passive Seite eines Schaschlikspießes, damit ich mit diesem modifizierten Werkzeug zweiteilige Tight Coils drehen konnte.
Nachdem ich die vier Radnaben gebastelt hatte, schnitt ich zwei Kreisabdrücke in eine Kartonage ein, die jeweils 0,25 Zentimeter tief waren.
- 1x Durchmesser 4,2 Zentimeter (Kleine Felgen).
- 1x Durchmesser 4,8 Zentimeter (Große Felgen).
Mit meiner selbst gebauten Gussform konnte ich die langen Tonpapierstreifen dann relativ einfach in gleichgroße Hula Hoop Reifen verwandeln. Im Anschluss daran erweiterte ich meine Schablone, indem ich in den beiden Ringzentren Platz für einen fertiggestellten Tight Coil schuf.
Um vollständige Wagenräder zu erzeugen, musste ich die beiden Quilling-Figuren miteinander verbinden. Hierfür nahm ich zerkleinerte Schaschlikspieße zur Hilfe, die ich zwischen die Radnaben und Reifenaufsätze klemmte. Dabei stattete ich jede Felge mit acht Holzspeichen aus, die in einem Winkel von 45 Grad zueinanderstanden.
Als Nächstes wollte ich verhindern, dass die gesteckten Speichen wieder herausfallen können, weshalb ich die vier Kinderwagenräder komplett mit weißem Bastelkleber einpinselte.
- Nachdem das Bindemittel getrocknet war, zog ich zudem noch schwarze Moosgummireifen auf die Papierfelgen auf.
- Unmittelbar danach brachte ich zwei hölzerne Achsen¹⁵ und eine Schubstange an der Babykarosse an.
Dann stellte ich mein Kunsterzeugnis fertig, indem ich die schicken Räder nach dem Kolorieren am Fahrwerk festmachte.
Quo vadis Kinderwagen?
Genau betrachtet steht die Kinderwagenentwicklung seit der Wilhelminischen Epoche still. Kein Wunder, schließlich wusste bereits Henry Ford, dass sich mit Erfindungen kein Geld verdienen lässt.
Henry Ford: Nicht mit Erfindungen, sondern mit Verbesserungen macht man Vermögen.
Müller, Stephan: Henry Ford. myzitate.de (03/2020).
Natürlich besitzen die heutigen Babykarossen kleinere Räder, antibakterielle Griffe, mittelfeste Matratzen und recycelbare Bezüge. Doch im Großen und Ganzen sehen die zeitgenössischen Modelle weiterhin wie die Säuglingskutschen von Ernst Albert Naether aus. Selbst zusammenklappbare Kinderwagen gab es bereits in den 1900er Jahren zu kaufen.
Den Prototyp des uns geläufigen Sportwagens stellten britische Fabrikanten im Jahr 1902 einem staunenden Publikum vor, aus Stahl und Holz „geschneidert” und bereits zusammenlegbar.
Sturm-Godramstein, Heinz: Kinderwagen gestern und heute. Erweiterte und aktualisierte Neuauflage. Norderstedt: BoD - Books on Demand GmbH 2001.
Während des Wirtschaftswunders tauchte zumindest eine kleine Neuerung auf. Denn seit dieser Zeit sind Kombifahrzeuge erhältlich, bei denen sich das Erstlingsdesign zum Sportwagen umbauen lässt.
Die letzte große Kindertransportmittelerfindung geht jedoch eindeutig auf Owen Finlay Maclaren zurück. Das war ein englischer Luftfahrtingenieur der im Jahre 1965 den Buggy für seine Enkeltochter baute.
Der revolutionäre Buggy mit dem ausgeklügelten Faltmechanismus war durch sein Aluminiumgestänge mit Stoffschaukel nur 2,7 Kilogramm schwer, hatte kleine Räder und ließ sich wie ein Schirm zusammenlegen.
Stellpflug, Jürgen: Buggys: Minis mit Federn! In: ÖKO-TEST Sonderheft. Ratgeber Kinder und Familie Nr. N1509 (2015). S. 81.
Und was ist mit dem Babyjogger? Mittlerweile ein Must-have für ökosozialistische Fashion Victims. Dieses dreirädrige Großstadtvehikel wurde zwar in den 1980er Jahren als Innovation gefeiert, ist allerdings nichts weiter als eine Neuauflage des viktorianischen Perambulators.
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¹Grimm, Jacob & Wilhelm: Deutsches Wörterbuch. Hrsg. von der Deutschen Akademie der Wissenschaften Berlin. 33 Bde. Leipzig. 1854 - 1960 (Nachdruck München 1984).
²Farmer, Jacqueline: Wickeln, Windeln, wegwerfen. youtube.com (03/2020).
³Sturm-Godramstein, Heinz: Kinderwagen gestern und heute. Erweiterte und aktualisierte Neuauflage. Norderstedt: BoD - Books on Demand GmbH 2001.
⁴Sonderhoff, Annica: Deutsches Kinderwagenmuseum. youtube.com (03/2020).
⁵Hammerl, Tobias: Kinderwagen. freilandmuseum.org (PDF) (03/2020).
⁶Brinkbäumer, Klaus: Sturm der Moderne. Die Industrielle Revolution in Zahlen. In: SPIEGEL GESCHICHTE Nr. 4 (2018). S. 29.
⁷Wittwika, Petrik: Kinderwagen von Ernst Albert Naether. mz-web.de (03/2020).
⁸What To Expect: 200 Years of Baby Stroller History. youtube.com (03/2020).
⁹Bleyer, Jakob: Kinderwagen; „Kinderwogn”. hu.museum-digital.org (03/2020).
¹⁰Zeitzer Lupe Dreblow: Ernst Albert Naether: Urenkel des Begründers der Kinderwagenindustrie in Zeitz blättert in seiner Familienbiografie. youtube.com (03/2020).
¹¹Exakte Kinderwagenmaße: Länge 130 mm x Breite 85 mm x Höhe 135 mm.
¹²Vetter, Veronika Helga: Was ist Quilling? - Papierstreifen werden zum Eierbecher. gws2.de (03/2020).
¹³Größe der Eyelet-Setter: 3,2 mm und 4,8 mm.
¹⁴Schott, Vera: Kurz vorgestellt: Sizzix Big Shot. youtube.com (03/2020).
¹⁵Achsenlänge: 85 mm. Schubstange: 62 mm.