Ein gebutterter Bagel und ein ranziger Donut. Das war alles, was Gary Widmore vorfand, als er am 28. Juli 1900¹ frustriert in seine Lunchbox blickte. Der Eisenwarenladenbesitzer hasste Süßkram über alle Maßen, weshalb er am liebsten nach Hause gefahren wäre und seiner Frau Emily den Hals umgedreht hätte. Doch stattdessen beruhigte sich der Kaufmann wieder und radelte hinunter zur Meadow Street. Dort stand nämlich eine kleine Imbisshütte², in der ein dänischer Immigrant namens Louis Lassen³ köstliche Sandwiches zubereitete. Am Zielort angekommen stellte Gary mit Entsetzen fest, dass die fragile Holzbude von einer hungrigen Industriearbeitermeute belagert wurde. Der pflichtbewusste New Havener stand jedoch mächtig unter Zeitdruck, da er eine wichtige Lieferung erwartete. Aus diesem Grund rief der drängelnde Einzelhändler fragend in den Gastraum hinein, ob der Chefkoch ihm nicht irgendetwas Essbares zuwerfen könne. Der souveräne Küchenmeister nickte verständnisvoll und drehte kurzerhand fünf unverkäufliche Steakreste durch den Fleischwolf. Direkt im Anschluss formte der alte Louis aus dem Hackepeter eine 170 Gramm⁴ schwere Frikadelle, die er dann kurz in einen speziellen Gasgrillofen⁵ steckte. Gleich nachdem der Jütländer die halb durchgebratene Bulette zusammen mit einem dicken Zwiebelring zwischen zwei Toastbrotscheiben gelegt hatte, richtete er die Schnitte auf einem Papierteller an und ließ das Ganze zu dem ungeduldigen Kunden durchreichen.
Die Legende besagt, dass ein eiliger Gast etwas Schnelles zum Mitnehmen haben wollte. Lassen hackte daraufhin ein Steak, packte es zwischen zwei Toastbrotscheiben - der Hamburger war geboren.
Tzschirner, Hubertus & Nicolas Lecloux: Burger Unser: Das Standardwerk für wahre Liebhaber. München: Callwey Verlag 2016.
Während die Neukreation allmählich zu Gary Widmore wanderte, bekamen die anderen Gäste plötzlich auch Appetit auf das saftige Frikadellengericht. Louis Lassen erkannte daraufhin, dass großes Potenzial in der revolutionären Klappstulle steckte, weshalb er das Sandwich noch am selben Tag in sein Speisenrepertoire aufnahm und es ab sofort als „Hamburger” verkaufte.
The most important dish Lassen served, beginning in 1900, was the Hamburger, made from Steak sandwich leftovers, ground into patties. This is considered the first time that a Hamburger sandwich was made in the United States.
Caplan, Colin M.: Legendary Locals of New Haven. Mount Pleasant: Arcadia Publishing 2013.
Bei der Namensgebung dachte der geschäftstüchtige Däne jedoch nicht an die norddeutsche Hafenstadt. Vielmehr war es seinerzeit wohl so, dass die Amerikaner gebratenes Rinderhackfleisch generell als „Hamburger” bezeichneten.
Die Amerikaner sollen ihn nach der norddeutschen Stadt benannt haben, da gutes Rindfleisch aus Deutschland stammte und die Hamburger dafür bekannt waren, Unmengen an Hackfleisch zu essen.
Krokha, Alexandra & Marcel Risker: Die Burger-Bibel: Die heilige Schrift für Burger-Fans. Kulmbach: Börsenmedien AG 2016.
Durch Zeitungsartikel und Mundpropaganda wurde der Hamburger schnell im ganzen Land bekannt. Hingegen internationale Aufmerksamkeit erregte das Bulettensandwich erstmals während der Louisiana Purchase Exposition. Denn auf dieser Weltausstellung, die im Jahre 1904 in St. Louis stattfand, sorgte ein Imbissbudenbesitzer namens Fletcher Davis dafür, dass die amerikanische Spezialität neun Monate lang in aller Munde war.
When he was ten his parents took him to the 1904 fair. They stayed with Uncle Fletch and Aunt Ciddy for two weeks and ate hamburgers almost every day at Fletch’s concession booth, which was just across the midway from an exhibit featuring Geronimo and other famous warriors.
Cartwright, Gary: The World’s First Hamburger. texasmonthly.com (02/2019).
Vom US-Bundesstaat Missouri aus eroberte der Hamburger kurz darauf den ganzen Globus. Die transatlantische Klappstulle überzeugte sogar die Genossen in der SED-Parteizentrale. Und so ließen die ostdeutschen Häuptlinge überprüfen, ob eine antikapitalistische Version des beliebten Snacks in der DDR etabliert werden konnte. Nach mehrjähriger Entwicklungsarbeit präsentierte dann das Berliner Rationalisierungszentrum im Jahre 1982⁶ die Grilletta. Dabei handelte es sich um eine Schweinefleischfrikadelle, die zusammen mit Ketchup zwischen zwei Kaiserbrötchenhälften lag.
Ingrid Schwendler: Bei der Entwicklung von Grilletta konnten wir nicht auf McDonald’s schielen, da wir nicht die Möglichkeit einer Reisetätigkeit hatten. [...] Wir hatten bei uns in der Firma Hackfleischprodukte, [...] die der Verbraucher als Bulettengrundlage benutzte und anhand dieser Rezepturen haben wir dann die Grilletta gezaubert.
JollyRomek: Mahlzeit DDR - Broiler, Ketwurst & Grilletta. youtube.com (02/2019).
Rückblickend betrachtet liest sich die Grilletta-Geschichte wie ein lustiger Schildbürgerstreich. Trotzdem war der günstige Ossi-Burger unter anderem dafür verantwortlich, dass die amerikanischen Fast-Food-Riesen in den neuen Bundesländern nur schwer Fuß fassen konnten.
Hingegen in der Bonner Republik waren die Menschen geradezu süchtig nach importierten Originalhamburgern. Durch diesen Umstand erzielten Burger King, McDonald’s und Co. sogar während der Ölkrise astronomische Umsätze auf dem westdeutschen Imbissmarkt.
Zwar war McDonald’s lange Zeit eine Kette, bei der angeblich niemand essen ging. Trotzdem übersprang der Umsatz schon im Jahr 1980 - neun Jahre nach dem Deutschland-Start - die Milliarden-D-Mark-Grenze.
Seidel, Hagen: 40 Jahre in Deutschland: Wie McDonald’s seinen ersten Inhaber reich machte. welt.de (02/2019).
30 Jahre nach der Wiedervereinigung gehen die hungrigen Alemannen allerdings immer seltener in Schnellrestaurants oder zu Pommesbuden, wenn sie einen leckeren Hamburger verzehren möchten. Dieses wirtschaftsfeindliche Konsumverhalten hat zwei Ursachen. Zum einen essen die Bundesbürger mittlerweile bewusster und wissen, dass industriell hergestelltes Junkfood gesundheitsgefährdend ist.
Laut einer Untersuchung der Food and Drug Administration aus den USA aus dem Jahr 2006 enthalten Fast-Food-Burger im Durchschnitt rund 38 verschiedene Pestizidrückstände. Und beim Fleisch ist es so, dass es viele Spuren von Antibiotika gibt, die den Tieren gefüttert wurden.
Drotschmann, Mirko: Die Wahrheit über McDonald’s. youtube.com (02/2019).
Zum anderen geht den Deutschen das Geld aus. Teure Mieten, stagnierende Löhne, hohe Inflationsraten bei lebenswichtigen Gütern⁷ und die Null-Zins-Politik zwingen die Haushalte zum Sparen. Trotz dieser Indikatoren drehen die Systemgastronomen immer stärker an der Preisschraube⁸, weshalb der Besuch einer Burgerbraterei allmählich zum Luxusvergnügen⁹ wird.
Doch das ist alles halb so wild. Denn Menschen, die Franchise-Ketten meiden und stattdessen selbst zum Pfannenwender greifen, leben im schlechtesten Fall länger. Auch auf das typische Fast-Food-Ambiente muss zu Hause niemand mehr verzichten. Schließlich können Hobbyköche ihren Gästen ein authentisches Burgererlebnis bieten, indem sie ihre selbst gemachten Eigenkreationen in meinen wiederverschließbaren Sandwichkartons servieren.
In der folgenden Bildanleitung zeige ich Ihnen, wie ich mit meinen Schablonen eine 14,5 Zentimeter große Snackschachtel gebastelt habe, die für XXL-Buns geeignet ist. Außerdem beweise ich Ihnen, dass sich wirklich jede Burgerverpackung in ein individuelles Kunstwerk verwandeln lässt.
Burger Box aus Papier
Mein quadratisches Einweggeschirr sollte besonders widerstandsfähig sein, weshalb ich die Schachtelbasis aus einem grünen Fotokarton bastelte, der über eine Grammatur von 300 g/m² verfügte. Darüber hinaus kam ein kaffeebrauner Tonpapierbogen zum Einsatz, den ich bereits mit einer blumigen Sizzix Prägeschablone verziert hatte. Durch diese separate Außenschicht konnte ich den Behälter bemalen und lackieren, ohne Angst haben zu müssen, dass später Lösungsmitteldämpfe auf den Boxinhalt einwirken. Des Weiteren nahm ich als Werkzeuge eine Schere, einen flüssigen Kleber, einige Wäscheklammern, eine Malerkrepprolle, ein Falzbein samt Lineal und meinen Vordruck¹⁰ im PDF-Format zur Hilfe.
Im ersten Schritt musste ich das voluminöse Burger-Box-Schnittmuster zusammenbauen, weshalb ich zunächst einmal die PDF-Datei ausdruckte. Nachdem ich die Vorlagen daraufhin freigestellt und passend nebeneinandergelegt hatte, verwandelte ich die drei Einzelteile in ein großes Modul, indem ich Malerkrepp über die Verbindungsstellen klebte. Im Anschluss daran stellte ich von der eben angefertigten Schablone ein Tonpapier- und ein Fotokartonreplikat her.
Gleich darauf ließ ich die kaffeebraune Außenhaut zusammen mit einer Blumenprägeschablone durch meine Sizzix Big Shot¹¹ Maschine. Dann erzeugte ich eine sandige Camouflageoptik, indem ich das schwungvolle Blütenmuster mit vier unterschiedlichen Acrylfarben bemalte.
- Als die Koloration nach zehn Minuten getrocknet war, klebte ich mein verziertes Tonpapiermodul symmetrisch auf das Fotokartonelement.
Umgehend danach nahm ich meine beiden Falzwerkzeuge zur Hand, sodass ich damit die 17 gestrichelten Faltlinien vorknicken konnte.
Ein verschließbarer Behälter
Im nächsten Bastelschritt baute ich den Boden der Burger Box zusammen. Dazu bestrich ich die Außenseiten der flexiblen Hakenlaschen mit Kleber. Dann klappte ich die untere Schachtelfront so weit nach hinten, bis diese bündig mit den beiden Seitenwänden abschloss.
Direkt im Anschluss stellte ich einen Kontakt zwischen den drei Zungen her, indem ich die breiten Einfassleisten gleichzeitig an die glibberigen Flügel drückte. Sobald die Konstruktion von alleine ihre neue Form behielt, klippste ich Wäscheklammern über die Verbindungsstellen, sodass der Klebstoff in Ruhe aushärten konnte.
- Nach dem gleichen Prinzip machte ich dann auch die beiden hinteren Bodenspitzen an den Seitenwänden fest.
Noch während die Fixierungswerkzeuge am Boxfundament hingen, fertigte ich den Deckel des Behältnisses an. Hierfür schlug ich als Erstes die vier beweglichen Zacken nach innen ein.
Nachdem ich die Deckelspitzen an ihren Nachbarlaschen festgeklebt hatte, klemmte ich auch hier wieder Wäscheklammern über die feuchten Kontaktstellen. Fünf Minuten später entfernte ich dann alle Fremdkörper von der Schachtel, sodass ich das Schmuckstück zuklappen und verschließen konnte. Abschließend trug ich noch eine dünne Acryllackschicht auf die kolorierte Außenseite auf, um ein Durchweichen des Imbissbehälters zu verhindern. Kurz darauf war meine Transportbox einsatzbereit und freut sich seitdem auf den Tag, an dem sie einen dampfenden Hamburger spazieren führen darf.
Nichts für schwache Mitläufer
Wer in der heutigen Zeit gerne Burger isst, der ist kein angepasster Follower, sondern ein renitenter Revoluzzer. Bestes Beispiel hierfür ist Donald Gorske. Denn dieser pensionierte Gefängniswärter hinterfragt nicht, ob Hackfleisch, Mayonnaise und Analogkäse in eine nachhaltige Willkommensgesellschaft passen. Nein, vielmehr wäre der US-Amerikaner selbst dann noch bei McDonald’s anzutreffen, wenn die Produktion eines Fast-Food-Menüs 7000 Liter Wasser verbrauchen würde.
Hamburger, Pommes und Softdrink: Die Produktion eines einzigen Fast-Food-Menüs verbraucht 6000 Liter Wasser.
Schmitz, Gregor Peter: Weltwassertag: In einem Fast-Food-Menü stecken 6000 Liter Wasser. augsburger-allgemeine.de (02/2019).
Schließlich ist Donald Gorske ein unbeugsamer Rekordjäger, der bereits über 30.000 Big Macs gegessen hat und auch weiterhin täglich zwei¹² von seinen Lieblingsburgern verspeisen möchte. Was sollte dagegen sprechen? Immerhin erbrachte der ambitionierte Imbissfreund selbst den wissenschaftlichen Beweis, dass Bulettenbrötchen weder dick noch krank machen.
Doch es scheint gut für den Rentner auszusehen. Schließlich habe er in den letzten Jahren nicht zugenommen - im Gegenteil: Er soll sogar über zwei Kilo verloren haben. Zudem seien seine Blut- und Cholesterinwerte optimal.
Pospiech, Jasmin: Mann isst 46 Jahre lang jeden Tag Big Mac - so geht es ihm jetzt. merkur.de (02/2019).
Interessanterweise liebt Donald Gorske nicht nur die Burger, sondern auch die Verpackungen, weshalb er zeitweise über 7.000 Big-Mac-Boxen besessen hat. Doch leider wurde die konsumhistorische Sammlung des Pferdeschwanzträgers im Jahre 1990 von einem Tornado¹³ zunichtegemacht.
Verwandte Themen:
Pommestüten selber machen - so einfach geht’s
Esspapier - Süßigkeit, Schreibuntergrund oder Superfood?
¹Office of the State Historian of Connecticut: July 28: New Haven serves up the first Hamburger. todayincthistory.com (02/2019).
²Rogers, Owen: Louis’ Lunch and the Birth of the Hamburger. connecticuthistory.org (02/2019).
³McKim, Sean: Louis Lassen. findagrave.com (02/2019).
⁴Millen, Garth: Louis’ Lunch. youtube.com (02/2019).
⁵AOL: The Original Hamburger: Jeff Lassen. youtube.com (02/2019).
⁶Denzer, Felix: Hamburger und Turbokapitalismus. youtube.com (02/2019).
⁷Anastasiadis, Georg: Werden Butter und Milch wieder teurer? Diese Tage sind entscheidend. merkur.de (02/2019).
⁸DonCorleone: McDonald’s - Teurer denn je zuvor! konsolentreff.de (02/2019).
⁹Virgindognotreally: Warum ist McDonald’s eigentlich so teuer? reddit.com (02/2019).
¹⁰Bei den Druckeinstellungen „Hochformat” und „Tatsächliche Größe” auswählen.
¹¹Schott, Vera: Kurz vorgestellt: Sizzix Big Shot. youtube.com (02/2019).
¹²KARE 11: Wisconsin man eats his 30,000th Big Mac. youtube.com (02/2019).
¹³ , Sharon: Fond du Lac’s Don Gorske eats milestone 30,000th Big Mac. eu.fdlreporter.com (02/2019).