Die deutschen Elfenbeinturmbewohner leben heutzutage in KI gesteuerten Nullenergiehäusern, die steril eingerichtet sind und von außen oftmals wie gläserne Militärbunker aussehen. Das war im 12. Jahrhundert völlig anders. Denn wenn ein Adeliger zu dieser Zeit einen Wohnsitz errichtete, dann wollte er seinen Herrschaftsanspruch architektonisch zum Ausdruck bringen¹ und sich mit einer prunkvollen Höhenburg über die Masse des Volkes erheben. Natürlich gab es zu Lebzeiten Barbarossas auch noch keine blockierenden Gemeinderäte oder bibeldicke EU-Gebäuderichtlinien. Das bedeutete aber nicht, dass die mittelalterlichen Kronvasallen ihre krenelierten Immobilien ohne Genehmigungen und Einschränkungen bauen durften.
Wer eine Burg errichten wollte, brauchte dazu eine königliche Genehmigung, die sogenannte „Erlaubnis zu krenelieren”, das heißt, die Burg mit Zinnen zu versehen. Durch die Zinnen unterschieden sich Burgen von gewöhnlichen Häusern.
Greifenstein, Jörg von: Die Erlaubnis zu krenelieren. von-greifenstein.i-networx.de (06/2018).
So konnte ein angehender Burgbesitzer beispielsweise nicht über die genaue Lage seiner zukünftigen Festung bestimmen. Schließlich bestanden selbst relativ kleine herrschaftliche Verteidigungsanlagen aus rund 30.000 Tonnen Stein² und aus unzähligen Hartholzbalken³, weshalb der Ritterburgbau nur in der Nähe von Steinbrüchen und Wäldern möglich war.
Außerdem durfte ein blaublütiger Bauherr nicht zu alt sein, wenn er noch etwas von seiner prestigeträchtigen Residenz haben wollte. Denn im Schnitt musste ein Edelmann zehn Jahre lang warten, bis er in seine Burg einziehen konnte.
Der Bau dauerte etwa zehn Jahre und noch länger, wenn das Geld ausging, was oft vorkam.
Ritter & Burgen. Hrsg. von Verlagsgruppe Oetinger. Hamburg: Verlag Friedrich Oetinger 2008 (= Insider Wissen).
Die circa 500 Mann starke Arbeitstruppe, die Tag für Tag auf einer Burgbaustelle schuftete, setzte sich aus Steinmetzen, Holzfällern, Schmieden, Zimmermännern, Bildhauern, Maurern und aus frondienstleistenden Bauern zusammen. Hingegen auf die Dienste von Anstreichern konnte der leitende Architekt verzichten, was daran lag, dass die Menschen im Hochmittelalter noch keine Außenwandfarbe kannten. Aus diesem Grund haben die Fassaden der heute noch erhaltenen Steinburgen in der Regel ein natürliches dunkelbraunes bis beigefarbenes Äußeres.
Weltberühmte Disneyfilme⁵ und Spielwarenhersteller⁶ haben jedoch dazu beigetragen, dass selbst die Deutschen mit ihren unzähligen Schlössern und Festungen glauben, dass silbergrau die typische Burgmauerfarbe sei.
Liebe Veronika! Ich arbeite ehrenamtlich als Bühnenbildnerin an einem Konstanzer Marionettentheater. [...] Für das Stück „Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich” möchte ich eine typische silbergraue Burgmauerkulisse bauen. Leider habe ich keine Ahnung, wie ich das anstellen soll. Normalerweise malen wir die Szenerien einfach auf Kartonflächen. In diesem speziellen Fall möchte ich aber eine raue und facettenreiche Mauer basteln, da diese Kulissentafel fast die ganze Zeit zu sehen ist. [...] Könntest du mir freundlicherweise mitteilen, wie du so etwas realisieren würdest?
Wolf-Lubitz, Annegret: Um Rat wird gebeten - klassische Burgmauerkulisse. E-Mail vom 24.05.2018.
Die allermeisten von den heute noch existierenden Burgmauern, die seinerzeit in den Grenzen des Heiligen Römischen Reiches errichtet wurden, bestehen aus mittelgroben⁶ Sandsteinquadern. Die Sandkörner in den einzelnen Blöcken werden unter anderem von rötlichen Eisenverbindungen⁷ zusammengehalten. Deshalb hatten die Festungswände direkt nach ihrem Bau vermutlich ein hellockerfarbenes Erscheinungsbild. Die Witterungseinflüsse ließen die Metallelemente jedoch oxidieren⁸, wodurch das Mauerwerk mit der Zeit nachdunkelte.
- Hingegen das Sedimentgestein in Großbritannien enthält sehr viel verfestigten Kalk und Graphit, weshalb die englischen Ritterburgen tatsächlich weißgrau oder graugrün schimmern.
Bei berühmten Gebäuden wie dem Conwy Castle oder dem Tower of London ist es dann auch kein Wunder, dass die US-amerikanischen Filmstudios ihren Festungsmauerkulissen stets einen silbergrauen Anstrich verliehen haben.
Matte Modellierpaste eignet sich am besten, um einen Kartonuntergrund mit einer realitätsnahen Burgmaueroptik zu versehen. Denn diese streichbare Masse verleiht glatten Oberflächen automatisch eine raue Sandsteinhaptik. Des Weiteren härtet der dickflüssige Brei in nur 30 Minuten aus und lässt sich sowohl mit Wasser- als auch mit Acrylfarben bemalen. Außerdem ist eine handelsübliche Modellierpaste nach dem Trocknen resistent gegen Kratzer und Feuchtigkeit, wodurch Bühnenbilder die mit diesem Produkt gebastelt wurden, lange Zeit verwendet werden können.
Festungswall aus Karton basteln
Für mein Burgmauerprojekt legte ich mir neben meiner AQUATEC Modellierpaste zudem noch einen fünf Millimeter dicken Kartonuntergrund zurecht. Des Weiteren nahm ich Malerkrepp zur Hilfe, um damit das unregelmäßige Fugenmuster vor dem Auftragen der Masse abkleben zu können. Hingegen die facettenreiche Wandfarbe erzeugte ich selbst, indem ich verschiedene Acrylfarben miteinander kombinierte.
Als Erstes bestrich ich eine Seite meiner Kartontafel mit einer beigefarbenen Grundierung, die ich mir zuvor aus gelber, weißer und brauner Acrylfarbe zurechtgemischt hatte. Mit dieser Glasur legte ich zugleich die Fugenfarbe fest.
Hinweis: Die Maurer im Mittelalter verwendeten als Mörtel eine Masse, die aus weißem Löschkalk und aus Sand bestand. Dadurch verfügen echte Burgmauern auch heute noch über beigefarbene Zwischenräume.
Im Mittelalter war Mörtel aus Luftkalk das entscheidende Bindemittel für Mauerwerk. Bei seiner Herstellung muss Kalkstein auf 900 Grad erhitzt werden. Dieser Brantkalk wird dann mit Wasser vermischt und so zu Löschkalk. Zum Schluss wird er mit Sand verbunden [...].
Caprice, Pepe: Guédelon - Wir bauen uns eine Burg. youtube.com (06/2018).
Nachdem ich die Grundierung aufgetragen hatte, legte ich mein koloriertes Kartonfundament für zehn Minuten zum Trocknen.
Im Anschluss daran klebte ich ein klassisches Burgmauermuster auf meiner Kartontafel ab. Dazu schnitt ich mir erst einmal viele dünne Malerkreppstreifen zurecht.
- Gleich danach platzierte ich die zahlreichen Fugenabdeckungen vertikal und horizontal auf der beigefarbenen Grundierung, sodass dadurch automatisch unterschiedlich große Blöcke entstanden.
- Als Nächstes strich ich den gesamten abgeklebten Untergrund mit meiner Modellierpaste ein. Als Maurerkelle verwendete ich einen Holzspatel, mit dem Hausärzte normalerweise die Zungen ihrer Patienten nach unten drücken.
Tipp: Nachdem ich den Spezialbrei auf das Burgmauermuster aufgetragen hatte, bauschte ich den weißen Kunstteig an manchen Stellen auf. Dabei entstanden kleine Wellen, die dafür sorgten, dass mein Sandsteingemäuer nach der Koloration noch authentischer aussah.
Mauer erhält natürliche Sandsteinoptik
Bevor ich meinen Festungswall im nächsten Schritt bemalen konnte, musste die Modellierpaste erst einmal 30 Minuten lang aushärten. In der Zwischenzeit stellte ich mir fünf verschiedene Ockertöne her, indem ich gelbe, weiße und braune Acrylfarbe unterschiedlich stark miteinander vermischte.
Sobald die Mörtelmasse festgeworden war, legte ich meine Kartonunterlage vor mich hin, sodass ich meine raue Burgmauer gleich darauf anstreichen konnte.
- Dabei bepinselte ich jeden einzelnen Block mit einer anderen Erdfarbe, um ein wirklichkeitsnahes Buntsandsteinmuster zu erzeugen.
- Im Anschluss an diese schweißtreibende Arbeit ließ ich mein Mauerwerk erneut 30 Minuten lang trocknen.
Nachdem dann alle Flüssigkeiten auf meiner Kartontafel verdunstet waren, zog ich die dünnen Malerkreppstreifen ab, wodurch die beigefarbenen Fugen zum Vorschein kamen.
Ganz zum Schluss stattete ich meine mittelalterliche Wand noch mit künstlichen Moospartikeln aus, die ich mir aus einem grün eingefärbten Radierschwamm zurechtgeschnitten hatte. Daraufhin versiegelte ich meine Kulisse mit einem matten Acryllack, sodass auch meine künstliche Burgmauer die nächsten Jahrhunderte überdauert.
Keiner möchte mehr eine Burg bauen
In den Grenzen der Bundesrepublik Deutschland wurden seit dem 10. Jahrhundert rund 14.500 Schlösser und Burgen errichtet. Doch bereits mein geliebter Bayernkönig Ludwig II. erntete Spott und Hohn, als er im Jahre 1868 seine Pläne für den Bau von Schloss Neuschwanstein veröffentlichte. Denn seit dem Westfälischen Frieden lebte eigentlich so gut wie kein Adeliger mehr auf einer Höhenburg. Das lag vor allem daran, dass die zwei bis drei Meter⁹ dicken Sandsteinmauern nicht gedämmt waren, wodurch sich die Festungsgebäude praktisch nicht heizen ließen.
Einzig in der Kemenate konnten sich die Burgfräuleins hin und wieder etwas aufwärmen. Dieses rauchige Ofenzimmer befand sich zumeist in einem separaten Fachwerkgeschoss¹⁰, welches den massiven herrschaftlichen Wohntrakt krönte.
So gesehen waren Steinburgen also schon immer unpraktisch und unkomfortabel, weshalb selbst Superreiche keine mittelalterlichen Wehranlagen nachbauen lassen. Außerdem müsste ein solches Gebäude nach den Regeln der Energieeinsparverordnung (EnEV) errichtet werden, was das Hochziehen einer modernen Festung unendlich teuer machen würde.
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¹Grebe, Anja & Georg Ulrich Großmann: Burgen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Architektur und Alltag. Petersberg: Michael Imhof Verlag 2007.
²Caprice, Pepe: Guédelon - Wir bauen uns eine Burg. youtube.com (06/2018).
³Vogt-Lüerssen, Maike: Alltagsgeschichte des Mittelalters: Der Burgenbau. kleio.org (06/2018).
⁴Trailers577: Robin Hood: 40th Anniversary Blu-ray. youtube.com (06/2018).
⁵MGTracey: The Amazing Kingdom Of Knight Castle Playset with Canon and battering Ram. youtube.com (06/2018).
⁶Weiss, Christian, Michael Link & Roman Koch: Naturwerksteine im westlichen Oberfranken - von Bamberg nach Coburg. geo.tu-berlin.de (06/2018).
⁷Schütz, Marion & Sybille Günther: Geologie zum Anfassen für Kinder. Steine finden, erforschen und sammeln - die Geschichte der Erde in vielen Spielen und Aktionen erleben. Münster: Ökotopia Verlag 2009.
⁸Siever, Raymond: Sand. Ein Archiv der Erdgeschichte. Heidelberg: Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH 1989.
⁹Beckers-Dohlen, Claudia: Burgen im Frühmittelalter (Teil 3). In: Karfunkel Nr. 111 (2014). S. 101.
¹⁰Stühlmeyer, Barbara: Mythos Burg. In: Karfunkel Nr. 88 (2010). S. 15.
Hanevi sagt:
Wie schön! Deine Burgtechnik mit Modellierpaste ist der Wahnsinn. Sag mal Vroni, könnte ich die Paste auch mit einer Zahnbürste etwas aufrauen? Ich möchte nämlich gerne eine Granitoberfläche für ein Puppenhaus nachahmen.
Liebe Grüße Hanni
PS: Die Henkersmaus ist zauberhaft, wo kann ich die kaufen?
Helpdesk sagt:
Hallo Hanni! Ja die Modellierpaste kann natürlich auch mit einer Zahnbürste bearbeitet werden. Die feuchte Masse lässt sich unter fließendem Wasser sogar komplett entfernen. Die Borsten deiner Zahnbürste werden also nicht beschädigt.
Unser Gustl von Mausbach kann nirgendwo gekauft werden. Das ist eine Eigenkreation. Danke für den freundlichen Kommentar! Wir wünschen dir viel Erfolg beim Basteln deines Puppenhauses!
Patricia_ 1201 sagt:
Hey hey 🙂 meine beste Freundin und ich haben gerade den grauen Bilderrahmen von dir nachgemacht. Ist voll schööön geworden *freu* Die Modellierpaste haben wir heute früh aus dem Rayher Shop in Düren geholt und es funktioniert genau so, wie du es geschrieben hast! Vielen lieben Dank
Birgit Mey sagt:
Danke für die Anleitung! Wir wollen eine Burgkulisse für Playmobil Figuren bauen und ich hatte bis jetzt keine Ahnung, wie wir das anstellen sollen. Echt coole Idee!
Tini sagt:
Sehr coole Technik, danke fürs Zeigen! Ich mache die Bilderrahmen nach. Deine Mäuse sind zuckersüß, die würde ich sofort kaufen. So, jetzt muss ich erstmal schauen, wo ich Modellierpaste herbekomme. Tschö, Tini
K. Uhlig sagt:
Guten Morgen, die Klasse meiner Tochter hat das Basteln einer Burgmauer als Hausaufgabe aufbekommen. Nun meine Frage: Gibt es die Modellierpaste auch im Handel zu kaufen?
Helpdesk sagt:
Hallo Frau Uhlig! Im stationären Handel ist Modellierpaste vor allem in kleinen Bastelläden erhältlich. Mit etwas Glück könnte der Müller Drogeriemarkt die Pampe ebenfalls im Angebot haben. Wir drücken Ihnen die Daumen!