Würfeln hilft gegen Geiz. Um diese Erkenntnis im Jahre 1432 niederschreiben zu können, musste der Dominikanermönch Ingold keine spätmittelalterliche Langzeitstudie durchführen, sondern lediglich mit offenen Augen durch seine Heimatstadt Straßburg¹ schlendern. Denn wie im gesamten Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation ließen auch die Männer im Elsass nach getaner Arbeit allabendlich in den Badestuben² und Wirtshäusern³ die Würfel kreisen. Und so erlebte der keusche Meister Ingold wahrscheinlich mehr als einmal, wie bei Weib, Wein und Gesang selbst der knausrigste Bauer seinen letzten Groschen verspielte. Vor allem wechselten die Münzen beim Wurfzabel⁴ den Besitzer. Dieses Brettspiel ist seit dem 17. Jahrhundert⁵ weltweit als Backgammon bekannt und wurde vor Ewigkeiten von den Persern erfunden.
Dementsprechend müssen die für dieses Glücksspiel notwendigen Würfel ebenfalls aus dem Orient kommen. Und so ist es auch. Bereits im ersten Jahrhundert vor Christus zeigten römische Legionäre⁶ den Germanen, die westlich des Rheins lebten, wie sich mit gepunkteten Hexaedern aus dem Morgenland die eine oder andere Sesterze gewinnen lässt.
So befinden sich in einem Museum in Berlin vier Würfel, die bei Ausgrabungen in Theben [Ägypten] gefunden wurden. [...] Diese Würfel tragen bereits die Augen von 1 bis 6. Auch in der Anordnung der Augen sind sie unseren heutigen Würfeln fast gleich.
Pruss, Friedrich: Würfelspiele für jung und alt. Völlig überarbeitete Ausgabe. Niederhausen: Falken-Verlag GmbH 1990.
Generell waren die Soldaten des Römischen Kaiserreichs den Schelmensteinen verfallen. So gesehen ist es auch kein Wunder, dass die Kriegsknechte in dieser Zeit sogar um die Kleider von gekreuzigten Menschen gewürfelt haben.
Da sprachen sie untereinander: Laßt uns den nicht zerteilen, sondern darum losen, wes er sein soll. (Auf daß erfüllet würde die Schrift, die da sagt: „Sie haben meine Kleider unter sich geteilt und haben über meinen Rock das Los geworfen.”) Solches taten die Kriegsknechte.
Johannes 19,24: Jesus Kreuzigung und Tod. bibel-online.net (05/2018).
Heutzutage lässt sich mit den kantigen Zufallsgeneratoren kein Blumentopf mehr gewinnen. Das Hinterzimmermilieu spielt längst Poker⁷ und wer in unserer digitalen Welt schnelles Geld verdienen möchte, der spekuliert mit Währungszertifikaten oder verkauft Riester-Renten-Verträge.
- Trotzdem sind die kleinen Hexaeder in unserer Gesellschaft präsenter denn je. Das liegt vor allem daran, dass die Bundesrepublik ein Land ist, in dem jährlich 400 Millionen Euro⁸ für Brettspiele ausgegeben werden. Dadurch dürfte wohl in jedem Haushalt mindestens ein analoger Spielwürfel zu finden sein.
Bei 13%⁹ der Deutschen fliegen die Schelmensteine sogar mindestens einmal in der Woche durch die Luft. Wobei Eltern mit mittlerem oder höherem Einkommen die weichen Sechsseiter besonders gerne in den Händen halten.
Vor allem Eltern aus den mittleren und höheren Einkommensschichten spielen häufig Brettspiele.
Mahrenholz, Kathleen & André Wolff: Spieleland Deutschland: Eine repräsentative Umfrage unter 1.024 Deutschen zu Gesellschaftsspielen. splendid-research.com (05/2018).
Das war zu Ingolds Zeiten anders. Damals vertrieben sich Adelige, Gelehrte und reiche Kaufmannsleute lieber mit Schach oder diversen Kartenspielen die Zeit. Denn in den Augen der Hochgeborenen waren Würfel schmutzig und somit nur etwas für bedauernswerte Geschöpfe.
Die gepunkteten Körper, die für Brettspiele oder für Kniffel benötigt werden, tragen die Bezeichnung W6 und sind in der Regel 16 Millimeter groß. Außerdem verfügen die rollenden Hexaeder über acht abgerundete Ecken.
Falls Sie bei der Vorbereitung Ihres nächsten Spieleabends plötzlich feststellen, dass Sie zu wenig von diesen Standardwürfeln besitzen, dann können Sie die kleinen Zufallsgeneratoren im Handumdrehen aus Papier basteln. In der folgenden Anleitung gebe ich Ihnen einige Tipps, die Sie beim Zusammenbauen Ihrer provisorischen Zellstoffwürfel beachten sollten. Schließlich müssen Ihre selbst gemachten Schelmensteine spielfähig sein und dürfen nicht schon nach dem ersten Wurf auseinanderfallen.
W6-Würfel aus Papier basteln
Zum Anfertigen eines Ersatzwürfels eignet sich Elefantenhaut¹⁰ mit einer Grammatur von 110 g/m² in der Farbe Hellelfenbein am besten. Die Oberfläche dieses Spezialpapiers ist nämlich nicht nur kratzfest und abwaschbar, sondern fühlt sich zudem noch äußerst zart an. Allerdings dürfte dieses Material wohl nur in Künstlerhaushalten zu finden sein. Ein selbst gemachter Zufallsgenerator funktioniert aber auch dann, wenn er aus einer anderen Papiersorte gebastelt wurde. Um Ihnen das zu beweisen, habe ich meine drei unterschiedlichen Würfelnetze gleich zweimal direkt auf jeweils einen DIN A4 Tonpapierbogen gedruckt.
Als Nächstes schnitt ich mir zwei gleichgroße Würfelnetze aus, damit ich diese beiden Elemente im Anschluss daran symmetrisch aufeinanderkleben konnte. Dadurch erhielt mein Papierkreuz eine stabile Grammatur von 260 g/m². Tipp: Je schwerer Ihr gepunktetes Spielgerät am Ende ist, umso besser rollt es. Falls Sie also nur gewöhnliches Druckerpapier zur Verfügung haben, dann sollte Ihr Grundgerüst aus vier Lagen bestehen.
Im nächsten Schritt falzte ich alle gestrichelten Knicklinien, die sich auf meinem zweilagigen Würfelnetz befanden mithilfe eines Falzbeins und eines Lineals. Daraufhin konnte ich mein vorbereitetes Papierkreuz bereits zu einem Hexaeder zusammenbauen.
- Dazu stellte ich zunächst einmal die Fläche mit den zwei Punkten auf. Gleich danach bestrich ich an diesem Bauteil die Außenseiten der drei beweglichen Laschen mit viel flüssigem Kleber. Wichtig: Hingegen die vier Spitzen an den Ecken ließ ich vorerst unbehandelt.
Im Anschluss daran knickte ich die Seite mit den vier Augen nach oben und drückte diese auf die glibberige Klebezunge des Nachbarelements.
Nach diesem Prinzip verklebte ich dann auch noch die restlichen Flächen miteinander, sodass das Ganze am Ende wie ein dreidimensionaler Würfel aussah, an dessen Ecken insgesamt 24 kleine Spitzen wegstanden.
Abgerundete Würfel erhöhen den Spielspaß
Die allermeisten Würfelnetze aus dem Internet sind völlig nutzlos. Das liegt daran, dass Sie mit diesen Vordrucken lediglich einen Körper mit sechs quadratischen Seitenflächen basteln können. Solche sogenannten Craps-Würfel rollen jedoch kaum, weshalb diese in US-amerikanischen Casinos an die Wände des Spieltisches geworfen¹¹ werden. In unseren Brettspielesammlungen befinden sich jedoch Hexaeder mit abgerundeten Ecken, die im angelsächsischen Sprachraum als ball-cornered dice bezeichnet werden.
Um meinen Zufallsgenerator in einen originalgetreuen Backgammonwürfel zu verwandeln, musste ich also ganz zum Schluss noch die geöffneten Ecken verschließen.
- Dazu klebte ich an jeder Kante zuerst einmal die beiden kleineren der drei Spitzen aufeinander.
- Gleich danach bestrich ich die Unterseiten der acht übrig gebliebenen Zacken mit flüssigem Kleber und klappte diese im Anschluss daran nach unten um.
Nachdem ich meinen Papierkörper daraufhin komplett verschlossen hatte, war mein abgerundeter Ersatzwürfel auch schon einsatzbereit.
Sind Würfel das Werk des Teufels?
Im Jahre 1926¹² klärte Albert Einstein seinen Kollegen Max Born darüber auf, dass Gott nicht würfelt. Die Theorie des Physikers könnte zutreffen, da nach dem Kirchenlehrer Aurelius Augustinus ein Dämon die Würfel erfunden hat.
Doch vielleicht siegt das Gute ja am Ende tatsächlich immer. Denn heutzutage bringen Würfel nicht nur Familien wieder an einen Tisch. Vielmehr können die eckigen Hexaeder mittlerweile sogar die Nebenerscheinungen von ADHS lindern. Dafür wurden sogenannte Fidget Cubes entwickelt mit denen Zappelphilippe ihren Stress abbauen können.
If you hit that a few times you will get stressed out.
ZURU Toys: Tutorial | Learn to ‘CLICK’ with The Original Fidget Cube™. youtube.com (05/2018).
Der Würfel ist also höchstens ein Sinnbild für die westliche Überflussgesellschaft aber bestimmt nichts Teuflisches. Und ohne die kleinen Zufallsgeneratoren wäre das Leben auf Erden bestimmt um einiges langweiliger.
Verwandte Themen:
Ladestation für Smartphones basteln - ein Must-have für Fußballfans
Wochenplaner zum Herunterladen - Ordnungssystem für Chaoten
¹Friedrich, Gisela: Meister Ingold. In: Neue Deutsche Biographie. Hrsg. von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Band 10. Berlin: Duncker & Humblot GmbH 1974. S. 173-174.
²Jung, Irene: Woher kommt eigentlich der „Puff“? st.pauli-news.de (05/2018).
³Beckers-Dohlen, Claudia: Spiele im Mittelalter. In: Karfunkel Nr. 55 (2004). S. 29.
⁴Zankl, Agnes: Wurfzabel nach den Freiburg/Konstanz-Funden. wh1350.at (05/2018).
⁵Priebe, Ralf: Geschichte des Backgammon. bgverband.de (05/2018).
⁶Optendrenk, Frank: Würfelspiele - Geschichte, beliebte Arten und Unterschiede in Sachen Spielwürfel und Würfelbecher. paradisi.de (05/2018).
⁷Füchtenschnieder-Petry, Ilona & Jörg Petry: Game Over. Ratgeber für Glücksspielsüchtige und ihre Angehörigen. 2. überarbeitete und erweiterte Auflage. Freiburg im Breisgau: Lambertus-Verlag GmbH 2010.
⁸Hubschmid, Maris: Beliebt wie nie: Deutsche Gesellschaftsspiele erobern die USA. tagesspiegel.de (05/2018).
⁹Mahrenholz, Kathleen & André Wolff: Spieleland Deutschland: Eine repräsentative Umfrage unter 1.024 Deutschen zu Gesellschaftsspielen. splendid-research.com (05/2018).
¹⁰Sascha: Elefantenhaut als Bastelmaterial. gws2.de (05/2018).
¹¹Color Up: How to Win at Casino Every Time - Craps Betting Strategy. youtube.com (05/2018).
¹²Hesse, Helge: Hier stehe ich, ich kann nicht anders. In 80 Sätzen durch die Weltgeschichte. Frankfurt am Main: Eichborn Verlag 2006.
Miki Milo sagt:
Grazie mille! Die Vorlage rettet uns den Spieleabend! Wir hatten zwar rechtzeitig einen Satz Würfel bestellt aber DHL hat gestern nicht geklingelt und das Paket wieder mitgenommen und heute ist Sonntag, ganz toll oder? 🙂 Habe das Würfelnetz auf Fotokarton gedruckt, das funktioniert super!
DrModMan sagt:
Kann ich ebenso bestätigen - das Würfelnetz ist super, wenn man schnell einen provisorischen Spielwürfel braucht. Die abgerundeten Ecken bringen es voll, auch wenn das Zusammenbauen eine Friemelarbeit ist. Danke Leutz.
Paternoster sagt:
Heyho! Das Würfelnetz lässt sich wunderbar verarbeiten. Danke, du hast uns den Spieleabend gerettet. Einen schönen Sonntag, Peace and out!