99 Luftballons anstelle von 95 Thesen. Nein der gute Martin Luther wäre nach seiner Wiedergeburt mit Sicherheit nicht gut auf Halloween zu sprechen. Vielmehr würde sich der Reformator lautstark über Twitter¹ darüber beschweren, dass die Protestanten seinen Gedenktag so aufopferungsvoll zu Grabe getragen haben. Schließlich war der freundliche Theologieprofessor ein äußerst konservativer Mensch, der die römisch-katholische Kirche der Renaissance wieder auf den rechten Pfad zurückführen² wollte. Andererseits war der redegewandte Augustinermönch ebenfalls ein ausgezeichneter Verkleidungskünstler³, der zudem noch ein Faible für gespenstische Burgen hatte. Von daher liegt es durchaus im Bereich des Möglichen, dass Martin Luther vielleicht trotz alledem das gruselige Halloween am Abend nach seiner Reformationspredigt feiern würde. Zu seinem Glück muss sich der historische Übersetzungsmeister nicht an solchen Spekulationen beteiligen, da er seit dem 22. Februar 1546 in einem Sarg in der Wittenberger Schlosskirche ruht.
Am frühen Morgen des 18. Februar 1546 verstarb der 62-Jährige friedlich um 2.45 Uhr in Eisleben. [...] Am 22. Februar wurde er neben der Kanzel in der Wittenberger Schloss- und Universitätskirche beigesetzt [...].
Ott, Ursula: Zehn Protestanten und ihre letzten Ruhestätten. evangelisch.de (10/2017).
Dass unser Reformator überhaupt in einer Totenkiste bestattet wurde, war zu seiner Zeit bei Weitem nicht so selbstverständlich wie heute. Noch bis in das Spätmittelalter hinein war es nämlich üblich, nicht adlige Menschen auf einem schlichten Holzbrett⁴ zu begraben. Dies führte im 16. Jahrhundert dann dazu, dass die zumeist sehr zentralen Friedhöfe keine Aufnahmekapazitäten mehr hatten, sodass vor allem in Städten eine ständige Seuchengefahr herrschte. Durch diesen Umstand mussten viele Gemeinden reagieren und neue Ruhestätten an den Ortsrändern anlegen. Mit diesen frischen Gottesäckern zog gleich ein Stück weit Nachhaltigkeitsbewusstsein ein, da dort plötzlich nur noch Sargbeerdigungen erlaubt waren.
Es stellte sich nämlich heraus, dass die Holzkisten bei der Verwesung förderlich sind. Durch einen Sarg ist der Leichnam nämlich auch unter der Erde ständig von Luft umschlossen, sodass der Verblichene zusammen mit seiner organischen Totenkiste nach spätestens 25 Jahren völlig verrottet ist.
Um den Verwesungsprozess von Verstorbenen im Erdreich zu gewährleisten, bedarf es eines luftumschlossenen Bereichs, der durch den Sarg ermöglicht wird.
Neuster, Stephan: Warum braucht man sowohl bei der Feuer- als auch Erdbestattung einen Sarg? bestatter.de (10/2017).
Holzsärge sind also bereits im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation ein fester Bestandteil unserer Sterbekultur gewesen. Aus diesem Grund musste ich natürlich auch meinen Halloween Sarg mit einer hochwertigen Holzoptik veredeln. Dabei ist es mir mithilfe einer besonderen Technik tatsächlich gelungen einfache Papierstreifen wie Pappelholzbretter aussehen zu lassen.
Außerdem habe ich meinen Holzpapiersarg komfortabel ausstaffiert. Diese extraordinäre Ausstattung hat jedoch reichlich wenig mit der Realität zu tun, da unsere Verstorbenen wahrlich nicht auf weichen Rosen gebettet werden. Vielmehr füllen die ambitionierten deutschen Leichenbestatter die ohnehin sehr dünnen Baumwollsargpolster mit scharfen Papierschnipseln⁵ oder mit widerspenstiger Holzwolle auf. Das liegt natürlich daran, dass diese Materialien sehr gut die fiesen Körperflüssigkeiten aufsaugen und dazu noch kompostierbar sind.
Ich fühle mich total verarscht. [...] Man bezahlt 6000€ für eine Beerdigung und dann ist in dem Sarg nur so ein 0815 Papierstreu. [...] Ich bin schockiert.
Tive Colada: Charlotte Roche unter Bestattern Teil 2/3. youtube.com (10/2017).
Mein kleiner Sarg zum Nachbasteln ist nicht nur eine attraktive Halloween Dekoration, sondern zugleich eine wiederverschließbare Verpackung für Türgeschenke. Im Inneren bietet die komfortable Totenkiste dabei jede Menge Platz für süßes Naschwerk, um am furchterregenden Abend des 31. Oktober selbst das gefräßigste Schreckgespenst zu besänftigen. Allerdings sollten Sie unbedingt davon absehen, den Papiersarg außen wie ich im Monster High Design zu dekorieren. Denn falls sich ein solcher Ablass bei den Kindern in Ihrer Gegend herumspricht, dann werden Sie einen Gartenschlauch benötigen, um den Zombieansturm abwehren zu können.
Mein gespenstisches Etui ist 12,5 Zentimeter lang, 6,5 Zentimeter breit und drei Zentimeter hoch. Sie möchten einen solchen schicken Papiersarg auch bald Ihr Eigen nennen? Dann erfahren Sie in der folgenden Bastelanleitung, wie ich die smarte Türgeschenkverpackung mithilfe meiner Schablonen zusammengebaut habe.
Halloween Sarg aus Papier basteln
Zum Anfertigen eines Sarges verwendete ich in erster Linie handelsübliches Tonpapier in drei unterschiedlichen Farben. Des Weiteren nahm ich für die Herstellung der fürstlichen Innenausstattung eine schwarze Serviette, einen Perlen-Pen und eine Moosgummiplatte zur Hilfe, die circa zwei Millimeter dick war. Hingegen die intensive Koloration nahm ich mithilfe von schlichten Acrylfarben vor. Als Werkzeuge sollten Sie sich außerdem eine Schere, einen flüssigen Kleber, ein Falzbein samt Lineal, einige Pinsel, einen weißen Bastelkleber auf Wasserbasis und meine DIN A4 Bastelschablonen (#1 /#2 /#3 /#4) zurechtlegen.
Im ersten Bastelschritt fertigte ich das Bauteil für die Sargkiste von Schablone #1 zweimal aus Tonpapier an. Nachdem ich die beiden Elemente daraufhin symmetrisch aufeinandergeklebt hatte, nahm ich ein Falzbein und ein Lineal zur Hand, um damit sämtliche Knicklinien und Klebelaschen des verstärkten Papierstücks sauber zu falzen. Als Nächstes verklebte ich das Einzelteil mit sich selbst, sodass ich nach diesen wenigen Handgriffen bereits die Unterseite meines Türgeschenks vor mir stehen hatte.
Tipp: Durch diese besondere Klebetechnik erhielt die Sargkiste an jeder Seite eine baumstarke Grammatur von 520 g/m². Damit der Kleber trotz der vielen Papierlagen fest anziehen konnte, heftete ich nach dem Zusammenbau einige Wäscheklammern für zehn Minuten ringsum das Etui.
Gleich danach bastelte ich den aufklappbaren Sargdeckel. Hierfür schnitt ich mir wieder die unterschiedlich großen Einzelteile von Schablone #2 aus Tonpapier zurecht.
- Im nächsten Schritt falzte ich die beiden Elemente erst einmal ausgiebig. Direkt im Anschluss klebte ich dann das kleine auf das große Tonpapierstück. Das bewirkte wiederum, dass an einer Deckelseite und am oberen Kopfende zwei einlagige Papierlaschen überstanden.
- Diese Verstärkungsstreifen bestrich ich als Nächstes mit viel flüssigem Kleber. Umgehend danach kippte ich die Klebelaschen erst nach hinten um und fixierte diese dann endgültig am Sargdeckel.
- Hinweis: Die drei Verschlusslaschen sind typische Verschleißteile. Durch diese etwas kompliziertere Bautechnik wird die durchschnittliche Lebensdauer des Sarges allerdings deutlich erhöht.
Zu guter Letzt befestigte ich den Sargdeckel an der rechten Flanke der zuvor fertiggestellten Totenkiste. Dabei entstand natürlich eine unschöne Klebelinie, die ich jedoch im folgenden Bastelschritt unter der schicken Holzoptik verschwinden ließ.
Papier wie Holz aussehen lassen
Mein multifunktioneller Papiersarg war nun dazu bereit, um mit einer hochwertigen Holztäfelung verkleidet zu werden. Hierfür schnitt ich mir zunächst einmal viele unterschiedlich breite Streifen aus einer sehr hellen Tonpapierfarbe zurecht.
Als Nächstes legte ich meine einsatzbereite Totenkiste vor mich hin. Gleich danach nahm ich einen Synthetikflachpinsel zur Hand und bestrich damit den Sargdeckel großzügig mit einem weißen Kleber auf Wasserbasis.
- Daraufhin platzierte ich die einzelnen Papierholzbretter nacheinander auf der feuchten und klebrigen Oberseite meiner Schatulle.
- Nachdem ich nachfolgend die zu langen Papierstreifen bündig zur oberen und zur unteren Sargkante gekürzt hatte, trug ich noch eine weitere Kleberschicht auf den sauber vertäfelten Deckel auf.
- Direkt im Anschluss wiederholte ich die vorangegangenen Schritte auch mit allen anderen Seiten, sodass meine Kiste ringsum aus unterschiedlich breiten Papierholzbrettern bestand.
Erst als der weiße Bastelkleber daraufhin völlig getrocknet war, bemalte ich den kompletten Sarkophag mit einer Acrylfarbe. Hierbei entstand dann automatisch die optische Täuschung, welche den Sarg so aussehen ließ, als wäre er von einem Schreinermeister aus Pappelholz gefertigt worden.
Des Weiteren wurde mein Motiv durch die Synthetikfarbe und die zwei Kleberschichten so zart wie ein Babypo. Um die Dekoration der Sargaußenseite abzuschließen, klebte ich zunächst das Symbol von Draculaura von der Monster High vorne auf die eckige Deckelklappe. Außerdem verkleidete ich alle Kanten mit dünnen Streifen, die ich zuvor aus einer schwarzen Cocktailpapierserviette ausgeschnitten hatte.
Bequeme Sargpolster für Verstorbene mit Stil
Ganz zum Schluss kümmerte ich mich um die weiche Innenausstattung meines Halloween Sarges. Dazu fertigte ich sämtliche Elemente von Schablone #3 und von Schablone #4 aus Moosgummiplatten und schwarzen Papierservietten an.
Direkt im Anschluss klebte ich immer zwei identische Moosgummistücke bündig aufeinander, sodass ich am Ende acht Einzelteile vor mir liegen hatte.
- Gleich danach packte ich alle Schaumstoffelemente komplett mit schwarzem Serviettenpapier ein.
- Nun drehte ich meine Sargpolster auf die Klebelaschen, damit ich die glatten Oberflächen weiter dekorieren konnte. Dafür nahm ich einen Perlen-Pen⁶ zur Hand und schweißte damit parallel zueinanderliegende Zierknöpfe auf die ästhetischen Papierüberzüge.
Als das Ganze nach ungefähr 15 Minuten getrocknet war, bemalte ich meine Knubbel mit einer Acrylfarbe meiner Wahl. Erst dann staffierte ich den ausgedehnten Innenraum meiner Totenkiste mit den acht vorbereiteten Polstern aus. Wichtig: Ich habe meinen eleganten Papiersarg so konzipiert, dass die drei runden Verschlusslaschen unsichtbar zwischen den dicken Seitenpolstern und den Papierholzwänden verschwinden. Aus diesem Grund durfte ich die Fütterung für das obere Kopfende und für die linke Kistenseite nur an den beiden äußeren Rändern am Holzgerüst festkleben.
Türgeschenke als perfekter Ablass für kleine Monster
Am Abend des 31. Oktober komme ich nicht zur Ruhe, da an meiner Haustüre ständig Bekannte klingeln, um mir ihre schaurigen Biester vorzuführen. Aus diesem Grund beginne ich bereits eine Woche vor dem spukhaften Event mit dem Basteln meiner Türgeschenke. Schließlich ist so ein Sarg ein ziemlich zeitintensives Motiv, für welches ich circa zwei Stunden Arbeit investieren muss. Dafür weiß ich, dass mir die wilden Rabauken aus Dankbarkeit keine nassen Damenbinden auf meine Autoscheiben klatschen und mich auch nicht mit lästigen Telefonklingelstreichen ärgern.
Ist der Reformationstag noch zeitgemäß?
Als verheiratete katholische Künstlerin, die im informativen Protestant-O-Mat sehr schlecht abgeschnitten hat, bin ich natürlich in keinster Weise legitimiert, um qualifiziert über den Protestantismus zu sprechen.
Trotzdem machte ich mir einige Gedanken darüber, warum zurzeit außerordentlich viele deutschsprachige Christen die evangelische Religionsgemeinschaft verlassen. Vielleicht hat Martin Luther damit zu tun. Denn der Reformator übersetzte bekanntlich nicht nur die Bibel, sondern verfasste ebenfalls zahlreiche Manifeste. Der Inhalt seiner gehaltvollen Publikationen lässt sich dabei oftmals folgendermaßen zusammenfassen:
WERNER: [...] Unsere Vorfahren zogen fleißig wider den Türken; und das sollten wir noch tun, wenn wir ehrliche Kerls, und gute Christen wären.
Lessing, Gotthold Ephraim: Minna von Barnhelm oder das Soldatenglück. Köln: Anaconda Verlag GmbH 2013.
Die Evangelische Kirche in Deutschland distanziert sich heute weitestgehend von den Aussagen des historischen Theologieprofessors und setzt auf den Dialog mit der stark wachsenden muslimischen Glaubensgemeinschaft. Das finde ich einerseits löblich, denn schließlich zeichnet die Sanftmut den wahren Christenmenschen aus.
In zahlreichen evangelischen Kindertagesstätten werden auch muslimische Kinder betreut. Umgekehrt gibt es in Zukunft sicherlich verstärkt muslimische Kindergärten, in denen auch christliche Kinder betreut werden.
Splitt, Carsten: Dialogratgeber zur Förderung der Begegnung zwischen Christen und Muslimen in Deutschland. ekd.de (PDF) (10/2017).
Andererseits stören sich vielleicht viele wertkonservative Christen gerade an dieser infantilen Romantisierung des Islam, sodass sie lieber in den Schoß der römisch-katholischen Mutterkirche zurückkehren.
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¹Bedform-Strohm, Heinrich: Luther würde heute twittern und Jesus wäre auf Facebook aktiv. leben.erzbistum-bamberg.de (10/2017).
²Kreiselmeier, Frank: Was verbirgt sich hinter dem Begriff „Reformation“? augsburger-allgemeine.de (10/2017).
³Windsor, Elizabeth Alexandra Mary: Martin Luther as „Junker Jörg”. Year: 1521. royalcollection.org.uk (10/2017).
⁴Schnieders, Steffen: Bestattungen im Mittelalter. deutschland-im-mittelalter.de (10/2017).
⁵Wilhelm, Peter: Womit werden Sargkissen gefüllt? bestatterweblog.de (10/2017).
⁶VIVA DECOR Perlen-Pen in der Farbe Blau.