Die Deutschen sind Preisnomaden und kaufen in der Regel nur dort, wo es gerade am günstigsten ist. So nehmen sich laut einer Umfrage¹ 64% der Bundesbürger täglich vor, beim Shoppen mithilfe von Gutscheinen und Rabattaktionen Geld zu sparen. Das ist auch sehr vernünftig. Schließlich gehört unsere schöne Schnäppchenrepublik trotz der proklamierten Dauertiefpreise immer noch zu den teuersten Ländern² der Welt. Kleine Marktteilnehmer, die sich nicht ständig neue Lockvogelangebote leisten können, müssen versuchen ihre Zielgruppe langfristig an sich zu binden. Denn nur loyale Kunden zahlen bereitwillig höhere Preise und nehmen auch gerne einmal einen Zusatzartikel³ mit. Außerdem senken Stammkäufer die Werbekosten⁴, da diese durch Mundpropaganda kostenlos neue Interessenten akquirieren. Damit aus einem sprunghaften Sparfuchs ein treuer Dauerkunde wird, müssen sich Einzelhändler und Dienstleister jedoch jede Menge einfallen lassen.
Hi liebe Vroni, ich heiße Silke Haas und betreibe seit sechs Jahren einen kleinen Friseursalon. Mein Laden befindet sich in einer strukturschwachen Region, weshalb ich fast ausschließlich von meinen Stammkunden lebe. [...] Das wenige Geld, das ich für Werbung habe, investiere ich in Loyalitätsmarketing - falls dir das was sagt. [...] Dieses Frühjahr will ich mich bei meinen treusten Kunden mit süßen Überraschungsboxen bedanken. Mit den Päckchen verschenke ich dann selbst gemachte Schokoladensplitter, Haarpflegeprodukte und eine neue Visitenkarte von mir. Um zu sparen, würde ich die Schachteln am liebsten selber basteln. Und dabei bräuchte ich bitte deine Hilfe. Mein Problem ist nämlich, dass das Material für eine Box nicht mehr als 0,90 € kosten darf. Jetzt weiß ich nicht, ob sich mit den paar Groschen überhaupt ein origineller und trotzdem hochwertiger Geschenkkarton zustande bringen lässt?
Haas, Silke: Arme Friseurin bittet um künstlerische Hilfe. E-Mail vom 28.03.2018.
Es ist zehnmal teurer⁵ einen neuen Klienten zu gewinnen, als einen alten zu halten. Dementsprechend hat Frau Haas völlig recht, wenn sie ihr geringes Werbebudget für die Kundenbindung ausgibt.
Bisher habe ich meine Motive noch nie aus einem betriebswirtschaftlichen Blickwinkel betrachtet. Das ist insofern witzig, da „gnua Diridari” in meiner bayerischen Heimat eigentlich das Allerwichtigste ist. Das Hilfegesuch der preußischen Haarstylistin war also eine gute Gelegenheit für mich, um an meinen ökonomischen Defiziten zu arbeiten. Deshalb nahm ich die Herausforderung gerne an und entwarf eine Verpackung für Give-aways, die jeder für 0,75 Euro nachbasteln kann.
Die von mir errechneten Materialkosten pro Einheit setzen sich folgendermaßen zusammen:
- Grundgerüst: Frau Haas schrieb in der E-Mail, dass sie ein schachtelförmiges Päckchen benötigt, in dem kleine Shampoofläschchen zusammen mit anderen Souvenirs transportiert werden können. Dementsprechend baute ich meine Box aus einem stabilen Tonkarton, der über eine Grammatur von 200 g/m² verfügte. Um Dekomaterial zu sparen, kaufte ich gleich karierte DIN A4 Bögen, von denen einer 0,55 Euro kostete.
- Verschluss: Die obere Öffnung meines Behältnisses lässt sich mithilfe von zwei farblich passenden Rundkopfklammern verschließen. Diese beiden Hilfselemente schlugen mit insgesamt 0,06 Euro zu Buche.
Außerdem verwendete ich natürlich Klebstoff, den ich ebenfalls mit 0,06 Euro kalkulierte.
Die freundliche Friseurin teilte mir mit, dass sie ihre Überraschungsboxen mit selbst gemachten Schokoladensplittern ausstatten möchte. Aufgrund dieser Information sieht meine Verpackung auch wie ein alpenländischer Milchkarton aus.
- Design: Doch das ist nicht das einzige Gimmick. So habe ich die Front und das Heck meiner Schachtel zusätzlich noch mit jeweils einem Hasen verziert. Mit den beiden in die Milchtüte hüpfenden Langlöffeln symbolisierte ich den Nachnamen der Haarkünstlerin. Zum Anfertigen dieser lustigen Fellnasenszenerie setzte ich verschiedenfarbiges Tonpapier ein, welches mich zusammengerechnet 0,03 Euro kostete.
Hingegen die beiden Stummelschwänzchen stellte ich mithilfe von Pompons dar, die über einen Durchmesser von sieben Millimetern verfügten. Für die kleinen Wattepuschel musste ich 0,05 Euro aufwenden.
Nachdem ich die Kostenfrage geklärt hatte, überlegte ich mir noch, wie ich meinem Milchkarton einen frühlingshaften Charme verleihen konnte. Beim Nachdenken wurde mir bewusst, dass der Hase das Sinnbild des Lenzes ist und meine Box alleine durch die beiden Rammlerrücken bereits in die richtige Richtung ging.
Der Hase ist also ein uraltes Symbol dieser Jahreszeit und des Osterfestes. Er ist das heilige Tier der Frühlingsgöttin Ostara (Frowa) [...].
Neményi, Géza von: Die Wurzeln von Weihnacht und Ostern. Heidnische Feste und Bräuche. Holdenstedt: Kersken-Canbaz-Verlag 2006.
Damit meine Give-away-Box auch farblich in den Frühling passt, setzte ich einen weiblichen Grünton als Leitfarbe ein. Des Weiteren erzeugte ich in der Mitte des Kartons durch das Aufkleben einer gelben Bordüre einen frischen Kontrast. Die von mir gewählte Farbkomposition hat nicht nur eine natürliche⁶ und belebende Wirkung auf den Betrachter. Zudem fördert das kommunikative Gelb den zwischenmenschlichen Austausch⁷, weshalb die helle Primärfarbe generell ein gern gesehener Gast auf Kundengeschenken ist.
Milchtüte aus Papier basteln
Um meine 13 Zentimeter hohe und sechs Zentimeter breite Geschenkverpackung anfertigen zu können, verwendete ich nicht nur die bereits erwähnten Materialien, sondern natürlich auch diverse Werkzeuge. Falls Sie also meinen Milchkarton 1:1 nachmachen möchten, dann sollten Sie sich zusätzlich eine Schere, ein Bastelmesser, einen Eyelet-Setter, ein Falzbein samt Lineal und meine DIN A4 Bastelschablonen (#1 /#2 /#3) zurechtlegen.
Im ersten Schritt druckte ich Schablone #1 direkt auf einen meiner karierten DIN A4 Tonkartonbögen. Gleich darauf nahm ich eine Schere zur Hand, um mit diesem Arbeitsgerät das Grundgerüst meines Milchkartons freischneiden zu können.
Im Anschluss daran begann ich bereits damit, meine Box zu verzieren. Dazu fertigte ich zunächst einmal alle Elemente von Schablone #2 aus Tonpapier an.
Nachdem ich die Knicklinien der Bauteile gefalzt hatte, verkleidete ich als Erstes den oberen Verschluss meines Kartons mit einer dunkelbraunen Zierleiste.
- Als Nächstes klebte ich die beiden Quadrate auf das Grundgerüst. Diese unscheinbaren Kästchen verwandeln sich später automatisch in die Eingänge des Hasenhauses.
- Anschließend legte ich das größte Element von Schablone #2 vor mich hin, damit ich die beiden Kreise mithilfe eines Bastelmessers freischneiden konnte. Gleich danach befestigte ich die präparierte Bordüre dann so auf dem zurechtgeschnittenen Tonkarton, dass die Löcher exakt über den Quadraten lagen.
Zu guter Letzt nahm ich erneut mein Falzbein und mein Lineal zur Hand. Mit diesen Werkzeugen fuhr ich daraufhin alle gestrichelten Linien nach, die sich auf dem Grundgerüst meines Milchkartons befanden.
Drei Wege eine Box zu verschließen
Im nächsten Schritt schoss ich mithilfe eines Eyelet-Setters acht Verschlusslöcher in die braune Zierleiste ein. Gleich danach konnte ich meine Verpackung bereits zusammenbauen.
Dazu bestrich ich zunächst einmal die Außenseiten der beiden Tonkartonlaschen, die seitlich von meinem dekorierten Grundgerüst wegstanden mit viel flüssigem Kleber.
- Im Anschluss daran verklebte ich das Element so mit sich selbst, dass ich daraufhin eine geöffnete rechteckige Schachtel vor mir liegen hatte.
- Als Nächstes faltete ich die Oberseite meines Behältnisses zu einem Satteldach. Dazu drückte ich einfach die beiden doppelt gefalzten Seiten gleichzeitig mit meinen Zeigefingern nach innen.
Nach dieser Aktion lagen dann immer vier der acht Verschlusslöcher exakt hintereinander. Durch diese Öffnungen schob ich nun noch farblich passende Rundkopfklammern, um die Give-away-Box am oberen Ende zu verschließen.
Daraufhin drehte ich meinen Milchkarton um, damit ich abschließend noch das Loch im eckigen Schachtelboden stopfen konnte. Auch bei diesem Unterfangen war ich nicht auf Klebstoff angewiesen. Vielmehr verschloss ich die Unterseite meiner Verpackung, indem ich die bewährte Haus-Scheunentor-Zugbrücken-Falttechnik anwendete.
Hasen hüpfen in den Karton - die Verzierung
Im nächsten Schritt fertigte ich mir zwei pummelige Hasenpos an. Dazu schnitt ich mir als Erstes alle Bausteine von Schablone #3 aus Tonpapier zurecht.
Nachdem ich daraufhin sämtliche Einzelteile gefalzt hatte, baute ich mir meinen ersten Hasenkörper zusammen. Dazu legte ich zunächst einmal eines der beiden raketenförmigen Elemente vor mich hin.
- Als Nächstes bestrich ich auf diesem Modul die Außenseiten der diagonal wegstehenden Zacken mit viel flüssigem Kleber.
- Direkt im Anschluss presste ich zwei voneinander abgewandte Stachelschweinflanken auf die glibberigen Spitzen. Dabei musste ich darauf achten, dass die geraden Enden der gezackten Seitenteile zur Raketenmitte hinzeigten.
- Gleich danach verklebte ich die drei Bauteile zu einer Kuppel, die fast wie ein Ferrero Küsschen aussah.
- Nach dem gleichen Prinzip fertigte ich nun noch einen zweiten Hasenpo an, um daraufhin die beiden Löcher auf meiner Milchtüte mit jeweils einem Fellnasenrücken ausstatten zu können.
Ganz zum Schluss dekorierte ich meine hüpfenden Gimmicks noch mit Hinterpfoten und einem Stummelschwänzchen, dann war meine Verpackung für Kundengeschenke auch schon einsatzbereit.
Die Milchtüte - eine rundum wirtschaftliche Kartonage
Meine stabile Give-away-Box ist nicht nur preiswert und originell. Vielmehr habe ich die wiederverschließbare Milchtüte zudem so konzipiert, dass sich in einer Stunde bis zu fünf verschiedenfarbige Exemplare anfertigen lassen.
Die geringe Arbeitszeit pro Einheit hält wiederum Ihre Herstellkosten niedrig. Demzufolge ist mein frühlingshafter Milchkarton perfekt für bastelbegabte Gewerbetreibende geeignet. Schließlich werden Sie nirgendwo günstiger eine Verpackung mit einem Füllvolumen von 378 Millilitern bekommen, die so schön aussieht und über diese hohe Qualität verfügt.
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¹Dahlem, Pia: Umfrage von Deals.com. Die Deutschen: Einig Volk der Schnäppchenjäger. cpwissen.de (04/2018).
²Alves, Nuno: Weltkarte der Verbraucherpreise: Wo das Leben am günstigsten ist. travelbook.de (04/2018).
³Nerdinger, Friedmann W. & Christina Neumann: Kundenzufriedenheit und Kundenbindung. researchgate.net (PDF) (04/2018).
⁴Schüller, Anne M.: Treue Kunden gewinnen und dauerhaft halten: Die 25 wertvollsten Erfolgsrezepte für Kundenloyalität und Bestandskundenpflege. Bergisch Gladbach: Breuer & Wardin Verlagskontor GmbH 2010.
⁵Howaldt, Kai: Marketing: Kundenbindung wichtiger als der Preis. faz.net (04/2018).
⁶Mayrhofer, Ronald: Kraft der Farben – die Farbe Grün. lichtkreis.at (04/2018).
⁷Bayer, Niko: Eine kleine Farb-Psychologie. niko-art.de (04/2018).