Im Frühmittelalter gab es kein zentralistisch geprägtes Wikingerreich¹, das von einem König regiert wurde. Vielmehr lebten an den skandinavischen Küsten unabhängige Sippschaften, die alle dieselben heidnisch-germanischen Bräuche pflegten. In den streng strukturierten Volksgemeinschaften herrschte zumeist ein Jarl, der mit seiner Familie die Spitze der Ständepyramide einnahm. Ein nordischer Häuptling zeichnete sich dadurch aus, dass er Schiffe besaß und ein kleines Heer² anführte. Des Weiteren sprachen die Patriarchen Recht und repräsentierten ihren Stamm nach außen. In den überschaubaren Einflussbereichen der einzelnen Fürsten wohnten und arbeiteten die freien Bauern. Diese sogenannten Karls bewirtschafteten ihr eigenes Land, weshalb sie weder Pacht noch Steuern bezahlen mussten. Im Sommer waren jedoch alle männlichen Odin-Verehrer kriegsdienstverpflichtet, weshalb jedes Clanmitglied das ganze Jahr über Waffen tragen durfte. Darüber hinaus gehörten Leibeigene zu jeder Wikingergesellschaft. Vor allem wohlhabende Hausherren ließen gleich mehrere Lakaien für sich schuften. Durch die äußerst geringen Sklavenpreise konnte sich aber im Prinzip jeder Hofbesitzer mindestens einen kräftigen Thrall³ leisten.
Als Preis für einen kräftigen Mann werden in einer alten Quelle 306 Gramm Silber genannt, Frauen kosteten 204 Gramm Silber. Der Preis für ein Kettenhemd - zum Vergleich - lag bei 820 Gramm.
Banck, Claudia: Alles Mythos! 20 populäre Irrtümer über die Wikinger. Stuttgart: Konrad Theiss Verlag 2014.
Mehrmals im Jahr kamen die Angehörigen eines Stammes beim Thing zusammen. Das war ein dreitägiges Trinkgelage, bei dem politische Entscheidungen getroffen wurden.
Beim Thing diente der Alkohol, so Tacitus, dem Lockern der Zungen, die - mit Bier und Met gut befeuchtet - flüssig die anstehenden Themen zur Sprache bringen würden.
Franke, Ruth: Das Thing. Basisdemokratie oder Aristokratenherrschaft? In: Karfunkel Codex Nr. 16 (2018). S. 61.
So durften die freien Bauern bei den regelmäßigen Treffen beispielsweise darüber abstimmen, welcher Nachbarclan als Nächstes überfallen und geplündert werden soll. Denn bevor die Wikinger im Jahre 750⁴ nach Westen auszogen, fanden unzählige Schlachten und Scharmützel auf der Skandinavischen Halbinsel statt. Natürlich ging es bei den kriegerischen Auseinandersetzungen in erster Linie um das Beutemachen. Aber auch ihr religiöser Glaube führte dazu, dass die Nordmänner ständig die Waffen kreuzten.
Schließlich wollte jeder Germane irgendwann zu Odin nach Walhalla. Doch leider brachten die Walküren nur die Soldaten in den Götterpalast, die den Heldentod⁵ gestorben waren. Dementsprechend suchten die wilden Fjordbewohner permanent nach Möglichkeiten, um sich für das Paradies in Asgard zu qualifizieren.
Wenn sich die Wikinger nicht gerade die Köpfe einschlugen, dann bereicherten sie die baltischen Märkte mit ihren Handelswaren. Das ganze Jahr über lieferten nordische Knorren⁶ konservierte Dorsche, Waffen und Pelze in den Ostseeraum. Vor allem aber der Verkauf von Sklaven war für die Nordmänner ein lukratives Geschäft, weshalb sie bei ihren Raubzügen immer auch auf Menschenjagd gingen.
Nicht einmal Kinder sind vor den Übergriffen der Nordmänner gefeit. Der Handel mit der Ware Mensch wird schon bald zu ihrer lukrativsten Einnahmequelle.
Terra X: Große Völker - Die Wikinger. youtube.com (05/2019).
Zu Beginn des 8. Jahrhunderts hatten die Germanenstämme untereinander Frieden geschlossen. Um den Wohlstand in den Sippschaften ohne Plünderungen aufrechtzuerhalten, stärkten die Wikinger den Außenhandel, indem sie leistungsfähigere Schiffstypen und zuverlässigere Navigationstechniken entwickelten. Des Weiteren gründeten die skandinavischen Kaufleute in ganz Nordeuropa neue Siedlungen, um dort Waren umschlagen zu können. Selbst im heutigen Schleswig-Holstein errichteten dänische Heiden einen Außenposten, der den Namen Haithabu trug. Diese einflussreiche Hafenstadt war ein wichtiger Knotenpunkt für die frühmittelalterliche Seefahrt und hatte in ihrer Blütezeit über 1000 Einwohner.
Die Forschung geht heute sogar davon aus, daß ab etwa 825 in Haithabu Münzen geprägt wurden, was den Ort zur ältesten Münzstätte in Nordeuropa machen würde.
Hackenberg, Stefan: Haithabu. Die verschwundene Stadt der Wikinger. In: Pax et Gaudium Nr. 6 (2002). S. 57.
Durch die Beilegung der inländischen Konflikte und wegen des stammesübergreifenden Technologietransfers stiegen die Wikinger allmählich zur globalen Handelsmacht auf. Ohne Mord und Totschlag gab es jedoch plötzlich viel zu viele Menschen in den Volksgemeinschaften, was zu großen gesellschaftlichen Spannungen führte.
Die Probleme der Wikinger
Die alten Skandinavier zeugten viele Kinder. Die hohe Fertilitätsrate⁷ war wichtig, um den Fortbestand der Familien zu sichern, da nur die wenigsten Bauern ihren 35. Lenz erlebten. Bedingt durch die lange Friedensperiode im 8. Jahrhundert erhöhte sich das bisherige Durchschnittsalter, weshalb nicht mehr nur zwei, sondern drei Generationen versorgt werden wollten. Aus diesem Grund gingen die Hofbesitzer dazu über und setzten vor allem Mädchen gleich nach der Geburt aus, was bald darauf zu einem akuten Frauenmangel führte. Ein weiteres Problem stellte das germanische Erbrecht dar. Nach diesem Gesetz erhielt nämlich nur der erstgeborene Sohn⁸ das Land des verstorbenen Vaters. Hingegen die anderen Jungwikinger mussten ausziehen und sich ihren Lebensunterhalt bei Plünderzügen verdienen. Nur wie sollte das gehen, wenn die Jarle keine Raubfahrten mehr organisierten, sondern ihre Schiffe lieber für den Handel nutzten.
Die überflüssigen Burschen hatten also nur zwei Optionen. Entweder sie dienten als Sklaven oder sie schlossen sich zu Piratengruppen zusammen. Und so kam es, dass die englische Ostküste ab dem Jahre 750 regelmäßig von nordischen Outlaws überfallen wurde.
Da es sich aber nur um einen geringen Teil der Nordmänner handelte, die auf solche Raubzüge gingen, waren beileibe nicht alle Wikinger beutegierig, brutal und grausam.
Beckers-Dohlen, Claudia: Die Wikinger. In: Karfunkel Codex Nr. 16 (2018). S. 45.
Das Gefährt der Barbaren
Bevor die besitzlosen Horden nach Westen aufbrachen, liehen oder bauten sie sich Langschiffe, die auch Drachenboote genannt wurden. Ihren Namen erhielten die Seefahrzeuge aufgrund des Umstandes, dass die Nordmänner stets geschnitzte Drachenköpfe auf die Steven steckten. Diese Maßnahme war wichtig, um die schützenden Landgeister des Feindes zu vertreiben.
Aus der Literatur wissen wir, dass die Drachenköpfe nicht nur eine Schmuckfunktion hatten, sondern auch eine magische Wirkung. Sie waren abnehmbar, damit man sich den unterschiedlichen Situationen anpassen konnte.
Kreutzer, Gert: Gotländische Bildsteine als kulturgeschichtliche Quelle. Schiffe für Linkshänder und achtbeinige Pferde. In: Pax et Gaudium Nr. 6 (2002). S. 25.
Ein traditionelles Wikingerboot war 24 Meter lang und 5,5 Meter breit. Der schmale Rumpf bestand aus zwei Zentimeter⁹ dicken Planken, die nicht gesägt, sondern aus Eichenholzstämmen herausgespalten¹⁰ wurden. Durch die Leichtbauweise hatten die Langschiffe einen geringen Tiefgang und konnten von der 68 Mann¹¹ starken Besatzung über Land gezogen¹² werden. Wenn die Krieger einen Fluss hinauffuhren, dann wechselten sie sich mit dem Rudern ab. Hingegen auf hoher See hissten die Piraten ein elastisches Wollsegel. Den Rohstoff für das 120 Quadratmeter große Tuch lieferte eine alte skandinavische Schafrasse, die über ein wasserabweisendes Fell verfügte.
Kein Zweifel, die tapferen Wikinger besaßen hochmoderne Schiffe, die oft den Unterschied ausmachten. Aber auch die sorgfältige Planung der Überfälle trug dazu bei, dass die kühnen Räuber nie mit leeren Händen von dannen ziehen mussten.
Auch wenn die Nordmänner wild und ungebildet aussahen, sie liefen nicht einfach blindlings in ihr Verderben. Bevor die Barbaren eine Siedlung oder ein Kloster stürmten, spähten sie ihre Opfer wochenlang aus. Dazu schickten die Heiden ein paar Mitstreiter zu den Christen, die sich als friedliche Händler ausgaben. Hinter den feindlichen Linien nutzten die Spione dann jede Chance, um den Beuteort zu inspizieren. Ohne eine gezielte Vorbereitung hätten die Wikinger bei jedem Angriff hohe Verluste erlitten. Das lag an der Tatsache, dass die Skandinavier keine zeitgemäße Waffenausrüstung besaßen, weshalb sie stets das Überraschungsmoment auf ihrer Seite haben wollten.
Die Wikinger auf dem Schlachtfeld
Die angelsächsischen Könige rüsteten ihre Soldaten mit bruchfesten Schwertern aus, die aus vier Eisensorten¹³ gefertigt worden waren. Des Weiteren trugen englische Ritter edle Stahlhelme und schwere Kettenhemden, die aus 10.000 Metallringen bestanden. Hingegen die Wikinger verfügten nicht einmal über Ledertorsos. Stattdessen bedeckten sie ihren Körper mit Leinenkleidung und Tierfellen. Auch waffentechnisch hatten die Nordmänner das Nachsehen. Jeder Krieger musste sein Equipment nämlich selbst bezahlen, weshalb die skandinavischen Räuber zumeist primitive Streit- oder Dänenäxte mit auf das Schlachtfeld nahmen. Lediglich wohlhabende Bauern und Jarle besaßen eine Spatha. Mit diesen extralangen Hiebschwertern versuchten die Odin-Verehrer, die Knochen ihrer Gegner zu brechen. Außerdem versteckten die meisten Heiden ein Messer in ihren Schuhen, um den Feind im Nahkampf niederzustrecken.
Neben den Schwertern führten die Wikinger häufig kurze einschneidige Messer für den Nahkampf mit sich.
Krause, Günter: Für den Platz an Odins Tafel. Rüstung und Bewaffnung der Wikinger. In: Pax et Gaudium Nr. 20 (2005). S. 32.
Im 8. Jahrhundert hatten die angelsächsischen Armeen die besseren Kriegsgeräte in ihren Waffenkammern. Nur was nützte das, wenn die Wikinger keine Angriffsfläche boten. Schließlich war jeder nordische Landsknecht mit einem Rundschild ausgestattet. Kam es zu Kampfhandlungen, dann bauten die Barbaren mit ihren ein Meter großen Scheiben eine Verteidigungslinie, die sie Skjaldborg nannten. Dabei stellten sich einige Männer eng nebeneinander, wodurch eine geschlossene Mauer entstand. Gleich dahinter positionierten sich hünenhafte Speerträger, die vom Schildwall geschützt von oben auf den Feind einstechen konnten.
Wir stehen vor dem Schildwall der Wikinger, der sogenannten Skjaldborg. Alle Männer stehen in enger Formation zusammen und bilden mit den überlappenden Schilden eine geschlossene Mauer. Die Reihe dahinter kann beim Angriff mit ihren langen Speeren und Spießen nach dem Feind stechen.
A+E Networks: Wikinger - Die Seefahrer aus dem Norden. youtube.com (05/2019).
Die Wikinger in Deutschland
In jedem von uns fließt etwas Wikingerblut, da die Nordmänner nicht nur in Schleswig-Holstein gewildert haben. Vielmehr fuhr im Dezember 881 ein dänischer Jarl mit seinen Drachenbooten den Rhein hinauf, da er in Neuss, Köln und Bonn brandschatzen wollte.
Im Dezember 881 fuhren Wikinger dieser Gruppe auf mindestens drei Schiffen unter ihrem Anführer Gottfried (bzw. Godefried) den Rhein stromaufwärts.
Straberg, Paul: Wikinger, Germanen & Kelten: Raubzüge der Wikinger in das Rheinland. midgardswoelfe.de (05/2019).
Nachdem die Berserker die männlichen Stadtbewohner getötet oder vertrieben hatten, machten sie sich über die Frauen her. Und natürlich kam es vor, dass bei den Massenvergewaltigungen deutsch-skandinavische Kinder gezeugt wurden.
Die nordischen Touristen stellten die sexuellen Übergriffe erst im 10. Jahrhundert ein. Denn zu dieser Zeit war die Christianisierung der Barbaren bereits weit fortgeschritten, weshalb es den Wikingern nicht mehr um Beute, sondern um Land ging. Plötzlich blieben die Räuber in den eroberten Gebieten, was allmählich dazu führte, dass sie sich mit der einheimischen Bevölkerung vermischten.
In allen europäischen Regionen ließen sich die Wikinger nieder, gingen Ehen mit Einheimischen ein und wurden allmählich in die örtliche Bevölkerung aufgenommen.
Diamond, Jared: Kollaps. Warum Gesellschaften überleben oder untergehen. Erweiterte Neuausgabe. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag 2011.
Verwandte Themen:
Kronen zum Ausmalen - lang lebe der König!
Kogge aus Papier basteln - ein mittelalterliches Handelsschiff
¹Drews, Ute: Planet Wissen - Wikinger. youtube.com (05/2019).
²Beckers-Dohlen, Claudia: Das kleine Karfunkel Lexikon: Die Wikinger. In: Karfunkel Nr. 67 (2006). S. 48.
³Zander, Guido: Das Gesellschaftssystem der Wikinger. drangur.de (05/2019).
⁴Messner, Florian: Die Wikinger. Mehr als blutrünstige Barbaren. In: Miroque Nr. 19 (2017). S. 28.
⁵National Geographic Channel: Die Geheimnisse der Wikinger Teil 1/2. youtube.com (05/2019).
⁶Ortlinghaus, Wolf: Die Schiffe der Wikinger. sku.de (05/2019).
⁷Barillé, Albert: Es war einmal... Der Mensch - Die Wikinger. youtube.com (05/2019).
⁸Beckers-Dohlen, Claudia: Die Wikinger. In: Karfunkel Codex Nr. 16 (2018). S. 44.
⁹A+E Networks: Wikinger - Die Seefahrer aus dem Norden. youtube.com (05/2019).
¹⁰Terra X: Große Völker - Die Wikinger. youtube.com (05/2019).
¹¹Ellmers, Detlev: Die Wikingerschiffe und ihre Mannschaften. In: Pax et Gaudium Nr. 6 (2002). S. 35.
¹²Krause, Günter: Für den Platz an Odins Tafel. Rüstung und Bewaffnung der Wikinger. In: Pax et Gaudium Nr. 20 (2005). S. 32.
¹³Welt: Die Bezwinger der Wikinger. youtube.com (05/2019).
Enrico sagt:
Wikinger sind cool! Habe gerade die drei Ausmalseiten für meinen Sohn ausgedruckt. Hat gut funktioniert. Morgen Vormittag wird gerätselt und ausgemalt! Dazu ziehen wir uns Mukke von Sepultura rein. Das ist Babysitting in Stendal 🙂 Alles Gute Veronika, bist ne Süße!
Nordfrau sagt:
Feedback: Ganz toll! Die Seiten lassen sich super ausmalen. Die Rätsel machen Spaß. Für meine Kindergartenkinder sind die Szenerien aber zu brutal. Das würde mit den Eltern ärger geben. Für uns Erzieherinnen, die alle auf Vikingrock stehen, waren die Spiele jedoch ideal. Danke für den Zeitvertreib, Grüße aus dem Norden.
Vogelbeerbaum sagt:
Griaß di Vronerl! Die Wikinger Spiele sind grandios, die Kids zufrieden. Ich hätt ja nie gedacht, dass jemand Malbuchseiten zum Ausdrucken anbietet. Einfach mal in Google eingegeben und hier her gekommen. Sowieso klar, dass wieder die Bayern vorne dabei sind 🙂 Pfiat di und wennst ma ins Allgäu kimmst, dann gibst mia bscheid.
Lagertha sagt:
Hi Vroni! Meine Mädlz und ich haben uns während der Quarantänezeit alle Staffeln von Vikings auf Netflix reingezogen. Jetzt bin ich voll im Wikingerrausch und da kommen deine Ausmalseiten gerade recht. Gespeichert und ab morgen wird gespielt und koloriert! Danke, die Seiten sehen echt total klasse aus.