Wenn sich ein Europäer als Chinese verkleidet, trägt er entweder ein Stirnband oder einen Spitzhut. Das Klischee des Stirnbandes hängt wahrscheinlich mit den unzähligen amerikanischen Kung Fu Filmen zusammen, in denen asiatische Schauspieler mit nacktem Oberkörper und Stirnband animalische Geräusche von sich geben, währenddessen sie wild herumspringen. Hingegen der Spitzhut aus Stroh, Schilf oder Bambus ist tatsächlich eine traditionelle ostasiatische Kopfbedeckung, wie es hierzulande einmal der Zylinderhut war.
Wir verbinden mit diesem Hut die asiatische Welt wohl wegen der unzähligen Reportagen über Reis- und Teebauern. Außerdem aufgrund von Filmen über den Vietnamkrieg, da der Spitzhut ein Teil der Uniform des Vietcong war. Der offizielle Name dieses Hutes ist Chashitsu (japanisch 茶室) und bedeutet Teestube. Dies hängt mit der Architektur traditioneller japanischer Teestuben zusammen.
Ein Chashitsu war nichts weiter als eine Bambushütte mit Paravents sowie einem Stroh- oder Schilfdach, welche in einem Garten stand. Die Schlichtheit war seinerzeit bewusst gewählt und geht auf den japanischen Teemeister Sen Rikyu Anfang des 16. Jahrhunderts zurück. Seiner Ansicht nach konnte Tee nur in solch einem naturbelassenen Haus, weit weg von weltlichen Sorgen, in meditativer und philosophischer Stimmung genossen werden.
In such modest structures, seemingly far away from worldly concerns, tea can be enjoyed in a more meditative and philosophical way.
The Institute of Museum and Library Services: Teahouse (Chashitsu). archive.artsmia.org (08/2015).
Das Chashitsu musste über mindestens zwei Räume verfügen, wobei die Stelle, an welcher der Teekessel erhitzt wurde, mittig in der Behausung liegen sollte.
The cha-shitsu typically consist of at least two rooms [...].
KHI, Inc.: Chashitsu Tea House Architecture & Design. khiart.com (08/2015).
Der Kamin für die Feuerstelle war im 16. Jahrhundert ein Bambusrohr, welches in einem Spitzdach mündete, das genau so aussah, wie die Spitzhüte der ostasiatischen Bauern. Diese Hüte wurden natürlich schon viel früher aufgrund der wechselhaften Wetterbedingungen in den Anbaugebieten getragen. Ein Chashitsu Hut schützt nämlich vor Sonne sowie Regen. Aufgrund der Form und der Materialien hält er bei Kälte warm und ist trotzdem atmungsaktiv. Dieses geniale Prinzip haben die Architekten der Teestuben einfach übernommen.
Mithilfe meiner Anleitung können Sie einen traditionellen Chashitsu Hut aus Papier basteln, welcher für einen Kopfumfang von 60 - 80 Zentimetern geeignet ist.
Asia Hut zum Aufsetzen
Als Papier für den Hut verwendete ich Zeitungspapier, grauen Tonkarton, vier Seiten weißes DIN 4 Druckerpapier sowie Tonpapier in drei unterschiedlichen Farben. Für das Grundgerüst kamen außerdem ein Schaschlikspieß, Reißzwecken, Tesafilm und ein Stück Bast zum Einsatz. Als Werkzeuge sollten Sie sich eine Schere, einen Bürotacker, ein Geodreieck, einen Bleistift, ein Bastelmesser, flüssigen Kleber, Falzbeil samt Lineal und meine DIN A4 Bastelschablonen (#1 /#2 /#3) zurechtlegen.
Zuerst schnitt ich mir neun Seiten Zeitungspapier zurecht. Jede Seite muss 35 Zentimeter lang und 25 Zentimeter breit sein. Im Anschluss wickelte ich jede Seite um einen Schaschlikspieß auf und verklebte am Ende das Zeitungspapierröllchen. Danach zog ich den Holzspieß wieder heraus. Nun schnitt ich jedes der neun Röllchen symmetrisch auf eine Länge von 22 Zentimetern zu. Ich fertigte mir weiter von
Schablone #1 beide Elemente aus grauem Tonkarton an. Danach entfernte ich mithilfe eines Bastelmessers die neun Löcher des einen Elements. Darauf folgend nahm ich jedes einzelne Röllchen in die Hand, knickte ein Ende nach 2 Zentimetern um und schob es jeweils in ein Loch des Tonkartons. Damit die einzelnen Streben fest am Tonkarton hafteten, legte
ich das zweite Element der Schablone #1 auf und tackerte es mithilfe eines Bürolochers fest. Die neun Röllchen sollten nun fest in den Löchern sitzen und nicht mehr herausrutschen können. Weiter habe ich das Grundgerüst des Chasitsu Hutes grundiert. Wichtig: Verwenden Sie als Untergrundfarbe einen Farbton, der später auch zu Ihrem Tonpapier passt. Ich nahm meinen Wassermalkasten und bepinselte das komplette Grundgerüst mit der Farbe Ocker.
Hutumfang erfordert etwas Geometrie
In den folgenden Schritten wird die Größe des China Hutes festgelegt. Als Vorbereitung klebte ich dazu vier weiße DIN A4 Blätter mithilfe von Tesafilm zusammen. Die von mir verwendeten Werte passen auf so gut wie jeden Erwachsenenkopf.
Ich wickelte ein Stück Bast um ein Dottingtool und einen Bleistift. Die Strecke zwischen beiden Werkzeugen betrug dabei exakt 17 Zentimeter. Ich stach das Dottingtool in die Mitte meiner Papierblätter und zog mit dem Bleistift einen großen Kreis. Danach unterteilte ich den Kreis in neun Stücke. Jedes Stück hat dabei einen Innenwinkel von 40°.
An der Außenseite jedes Stückes befestigte ich von der Rückseite kommend eine Reißzwecke, die ich mit Tesafilm am Papier festklebte. Auf die neun Spitzen der Reißzwecken legte ich folgend die hohlen Röllchen meines grundierten Hutgerüsts. Die Papierrollen fixierte ich ebenfalls vorübergehend mit Tesafilm. Zum Flechten des Papierhutes fertigte ich mir gleich danach Tonpapierstreifen an. Ein Streifen ist 70 lang und 0,5 Zentimeter breit.
Flechten des Chashitsu Hutes
Ich begann an der Oberseite und verklebte das Ende des ersten Streifens an einer Strebe des Hutgerüsts. Mit dem Tonpapierstreifen umwickelte ich weiter Strebe für Strebe. Am zweiten Ende des Streifens angekommen nahm ich einen weiteren Streifen und klebte dessen Anfang daran fest. Danach wiederholte ich die Schritte so lange, bis das Grundgerüst des Hutes komplett umsponnen war.
Tipp: Sie können problemlos mehrere Farben einflechten. Ich verwendete zu meiner Lachsfarbe die Farbe Rot als Kontrast. Ganz unten am Hut angekommen kleben Sie den letzten Streifen an einer Strebe fest und entfernen das Gerüst von der Papierunterlage. Nun fertigte ich die Streifen von Schablone #2 aus einer weiteren Tonpapierfarbe an.
Von jedem der vier Streifen benötigen Sie neun Exemplare. Als weiteres optisches Highlight habe ich immer zwischen zwei Streben vier dieser Streifen hochkant eingeflochten. Tipp: Flechten Sie diese Streifen asymmetrisch zueinander ein, so entsteht automatisch ein schönes Muster. Damit die einzelnen Streifen unten nicht herausrutschen, habe ich diese immer am untersten Querstreifen angeklebt.
Hut bekommt seine Spitze und Verzierungen
Das Element für die Hutspitze befindet sich auf Schablone #3, dieses habe ich aus Tonpapier angefertigt. Ich falzte die Knick- und Klebelinien und malte das japanische Schriftzeichen für Reis (siehe Schablone #3) auf jede der neun Seiten. Danach verklebte ich das Spitzenelement mit sich selbst und bestrich die Klebelinien mit viel flüssigem Kleber. Zu guter Letzt habe ich die Spitze aufgeklebt und meinen Chashitsu Hut damit vollendet.
Fazit - ich bin begeistert von meinem China Hut
Ich gebe zu, das Basteln des Chashitsu Hutes ist nicht leicht. Das Flechten nimmt sehr viel Zeit in Anspruch und auch die geometrische Komponente ist nicht zu verachten. Allerdings lohnt sich der Aufwand und ich verstehe jetzt, warum diese Hutform bei den ostasiatischen Feldarbeitern so beliebt ist. Ich habe den Hut Ende Juli entworfen, während in Bayern gerade eine Hitzewelle herrschte. Als ich für das Video bei 33 Grad Celsius draußen unterwegs war, hatte ich den Hut die ganze Zeit auf und es ist tatsächlich so, er spendet perfekten Sonnenschutz, auch am Nacken und ist dennoch so durchlässig, dass der Wind den Kopf kühlen kann.
Obwohl mein Spitzhut nicht aus Bambus oder Schilf ist, ist er trotzdem sehr stabil und hat ein perfektes Gewicht, um nicht zu windig und nicht zu schwer zu sein. Wenn Sie also zum Fasching oder Karneval die passende Kopfbedeckung für Ihr China-Outfit benötigen, nehmen Sie sich die Zeit diesen Chashitsu Hut nachzubasteln.
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