Spätestens im Jahre 1997 lernten die meisten Deutschen einen Teil der japanischen Popkultur kennen. Hierfür war unter anderem der Fernsehsender RTL Zwei verantwortlich, welcher die Zeichentrickserie Sailor Moon in sein werktägliches Nachmittagsprogramm aufgenommen hatte. Darüber hinaus erschien ungefähr zur selben Zeit Final Fantasy VII für die PlayStation. Dieses digitale Meisterwerk aus Tokio ist bis heute der meistverkaufte Titel der sechzehnteiligen Videospielreihe. Angespornt von derartigen Medienphänomenen formierten sich in der Bundesrepublik diverse Online-Clubs, deren Mitglieder weitere Manga- und Animetrends von Fernost nach Mitteleuropa importierten. Aus den losen Internetgemeinschaften kristallisierten sich um das Millennium herum Vereine wie Animexx e. V. heraus, die jährlich wiederkehrende Japankongresse¹ ins Leben riefen, auf denen seit jeher das Cosplay zelebriert werden konnte. Dieses englischsprachige Kofferwort² beschreibt eine Darstellungskunst, bei der Menschen in die Rolle³ eines fiktiven Film-, Comic- oder Videospielhelden schlüpfen.
Der Unterschied zwischen einem Karnevalisten und einem Cosplayer liegt vor allem darin, dass Letzterer wie ein Schauspieler agiert und die Charaktereigenschaften seiner Figur nach außen trägt. Des Weiteren gilt bei der japanischen Verwandlungskunst die folgende Regel: Keine gekauften Kostüme!⁴ Aus diesem Grund setzt diese Form des Maskierens nicht nur Make-up-Wissen, sondern ebenso handwerkliches Geschick voraus.
Marie-Claude Bourbonnais: Mehr als die Figur ist für mich das Kostüm, das Spannende am Cosplay. Die Herausforderung und die Freude, das Werk eines Künstlers nachzuahmen, der kein Modemacher oder Schneider ist.
Brochu, Jean-Philippe: Cosplay - Jeder Fan ein Superstar. ZDFinfo-Doku (2021).
Dementsprechend zählt die kurzfristige Flucht in eine schönere und ereignisreichere Realität zu den zeitraubendsten Hobbys überhaupt. Es ist deshalb kaum verwunderlich, dass es im Jahre 2015 lediglich 20.000 aktive Cosplayer⁵ in Deutschland gab.
Durch animierende Influencerinnen wie Anissa Baddour⁶ dürfte sich die Zahl der hiesigen Kostümbauer jedoch mittlerweile verdoppelt haben. Dabei ist der typische deutsche Cosplayer weiblich und hat weniger als 20 Lenze auf dem Buckel.
Während die Cosplayer in den „Anfangsjahren” meist über 20 Jahre alt waren, so ist das Einstiegsalter in den letzten Jahren deutlich gesunken.
Eckardt, Fritjof: Was ist Cosplay? Edition Octopus. Münster: Monsenstein und Vannerdat 2015.
Vor allem Teenager-Mädchen verlieren bei der Accessoire-Herstellung eine Menge Zeit und Geld, da sie gängige Basteltechniken noch nicht kennen. Hinzukommt, dass viele Internetanleitungen auf Pinterest oder TikTok unvollständig sind und zu keinem Endergebnis führen. Um hier Abhilfe zu schaffen, zeige ich im folgenden Leitfaden eine Vorgehensweise, mithilfe derer sich ein einsatzfähiger Haarreif mit Teufelshörnern konstruieren lässt.
Dabei spielt es keine Rolle, ob ein süßer Lolita-Kopfschmuck oder die majestätische Hörnerhaube von Maleficent erschaffen werden soll. Schließlich ist es mit meinem einsatzerprobten Fertigungsverfahren möglich, die Größe und die Form der Hörnchen individuell zu bestimmen.
Pappbecher als Geweihbasis
Immer wenn ich diabolische Auswüchse basteln möchte, fülle ich vorher meinen Warenkorb mit HIPAD, was für die nachstehenden Materialien steht:
- Haarreif: Gummihaarband mit Zähnen.
- Isolierband: Zwei bis drei Rollen.
- Pappbecher: In verschiedenen Größen.
- Alufolie: Gewöhnlicher Küchenartikel.
- Draht aus Aluminium: Mit zwei und 0,6 Millimeter Durchmesser.
Dazu nehme ich als Werkzeuge neben einer Schere ebenso eine Kombizange zur Hilfe. Ferner verwende ich für kleinere Fixierungen etwas Malerkrepp und die Endkolorierung findet natürlich stets mit Acrylfarben statt.
In der hier dargestellten Bildanleitung sollten die Hörner einen geringen Umfang aufweisen und eher niedlich aussehen, weshalb zwei kleinere Pappbecher zum Einsatz kamen. Von den beiden Behältnissen schnitt ich zusätzlich noch einige Zentimeter vom Einlass weg, sodass daraufhin gleichgroße Schälchen vor mir lagen.
- Bevor ich meine Zellstoffnäpfe am Haarreif befestigen konnte, musste ich zunächst einmal vier dünne Drahtschlingen am Gummi-Geschmeide anbringen, die wie Stimmgabeln aussahen.
Direkt im Anschluss nahm ich einen gestutzten Becher in die Hand, stieß die ersten beiden Zinken durch dessen Innenwand und verzwirbelte den u-förmigen Anker an der Außenfassade. Nachdem ich dann die gegenüberliegende Gefäßseite nach demselben Prinzip fixiert hatte, brachte ich auch die zweite Hornbasis an gewünschter Stelle an, wodurch das Ganze an eine Steampunk-Brille erinnerte.
Im nächsten Schritt formte ich zwei gleich aussehende Teufelshörner aus geknüllter Alufolie, die an der breitesten Stelle so groß waren, dass sie in die nach außen schauenden Becherböden passten.
Als ich daraufhin die Übergänge zwischen der Pappe und dem Silberpapier mit Malerkreppband kaschiert hatte, packte ich beide Kopfschwellungen komplett mit glatt gestrichener Alufolie ein.
Glänzendes Latex-Design
Damit die Tintenfischtuben bündig auf dem Deckhaar aufliegen, fügte ich an die breiten Hornöffnungen jeweils einen zwei Millimeter starken Drahtring an, den ich mit Isolierband fixierte.
Gleich danach wickelte ich beide Kuppen komplett mit dem PVC-Klebeband ein, wodurch das Teufelsgeweih eine samtig-weiche Haptik erhielt. Eine große Schwierigkeit bei diesem Bastelschritt war es, zackige Spitzen aus den breiten Kunststoffstreifen zu formen.
Zu guter Letzt akzentuierte ich meinen Kopfschmuck noch mit Acrylfarben. Direkt im Anschluss war mein aufgemotzter Haarreif bereit, ein dämonisches Cosplay-Outfit abzurunden.
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¹Schulz, Benjamin: Events & Treffen. animexx.de (11/2022).
²Mischke, Thilo: Die Anime-Convention in Japan | Galileo. youtube.com (11/2022).
³Flaßkamp, David: Cosplayer treffen sich in Kaiserslautern. SWR Aktuell Rheinland-Pfalz (2022).
⁴Margies, Oliver: Mangas, Elfen, Superhelden: Leidenschaft Cosplay | SPIEGEL TV. youtube.com (11/2022).
⁵Eckardt, Fritjof: Was ist Cosplay? Edition Octopus. Münster: Monsenstein und Vannerdat 2015.
⁶Anni The Duck: Scheiss Vlog von meinem Cosplay Chaos. Bin fast gestorben oder so. youtube.com (11/2022).