Die Bundesrepublik Deutschland ist nicht nur das beliebteste Einwanderungsland der Europäischen Union, sondern auch ein sehr gefragtes Urlaubsziel im Sommer. Kein Wunder, schließlich spielt es rein vom Stranderlebnis her keine Rolle, ob man an der Adriaküste, auf Mallorca oder am Toten Meer liegt. Heiß - viele Menschen - extrem teure Liegen und alle sprechen Englisch. Hingegen jemand der an einem Strand in einem Ostseebad aufwacht weiß selbst mit Sonnenstich sofort, wo er ist. Das liegt vor allem an den vielen bunten Strandkörben, die den Tag am Meer komfortabel machen.
Falls Sie einmal gefragt werden sollten, was typisch deutsch ist, dürfen Sie den Strandkorb (englisch beach chair) auf keinen Fall in Ihrer Aufzählung vergessen. Das Strandmöbel ist nämlich die Erfindung des Rostocker Korbmachers Wilhelm Bartelmann aus dem Jahre 1882. Auf die Idee dazu brachte den Handwerker eine Dame namens Elfriede von Maltzahn, die seinerzeit einen heilsamen Urlaub an der Baltischen See verbringen wollte, um ihre Rheumabeschwerden zu lindern.
One day in the spring of 1882, Elfriede von Maltzahn entered the workshop of Wilhelm Bartelmann on Lange Straße in Rostock.
Regina & Klaus: Southern California Luxury Beach Chairs. oceanside-cabanas.com (05/2016).
Die gute Frau unterschätzte jedoch das raue Klima an der Ostseeküste und ging deshalb in die Korbmacherei von Herrn Bartelmann, um einen Stuhl zu ordern, mit dem sie am Strand sitzen konnte und gleichzeitig vor dem Wind und der Sonne geschützt war. Der aus dem Auftrag entstandene Einsitzer hatte mit den heutigen Strandkörben außer dem Nutzen wenig gemein und sah wohl wie ein Hocker mit Wäschekorb als Rückenlehne aus. Dennoch erkannte der Korbmacher das Potenzial und brachte bereits 1883 Zweisitzer mit Fußstützen heraus, die noch im selben Jahr im Seebad Warnemünde bei seiner Frau Elisabeth Bartelmann gemietet werden konnten.
But the first 2-seater, constructed a short time afterwards, in 1883 [...]. A hiring service was founded in Warnemünde near the lighthouse, managed by the basketmaker´s wife, Elisabeth Bartelmann.
Pries, Corina: Some remarks on the history of the beach chair. beach-chairs-online.com (05/2016).
Obwohl ein Strandkorb immer noch in Handarbeit aus größtenteils Nordischer Kiefer hergestellt wird und mindestens zehn Jahre den Witterungen der Küste trotzt, ist diese deutsche Erfindung ausnahmsweise kein Exportschlager. Die relativ wenigen Werkstätten, die es gibt, verkaufen lediglich einen sehr geringen Prozentsatz ihrer Produkte in das Ausland und produzieren hauptsächlich für einheimische Strandkorbvermietungen.
Der Strandkorb war und bleibt ein deutsches Phänomen. Gerade einmal drei Prozent der kompletten Produktion gehen in den Export.
DW: Strandkörbe aus Familienhand | Made in Germany. youtube.com (05/2016).
Wussten Sie, dass die Strandkörbe an der Ostsee anders aussehen als an der Nordsee? Währenddessen der kühle Nordseestrandkorb eine schneidige, pragmatische Form besitzt, ist der Ostseestrandkorb etwas geräumiger und hat ein verspieltes, geschwungenes Design. Als Kunstliebhaberin aus dem bayerischen Mittelgebirge kann ich natürlich keine Partei ergreifen und sagen, warum welcher Strandstuhl besser ist. Ich habe mich bei meinem selbst gebastelten Strandkorb deshalb für ein Ostseemodell entschieden, da dieses mit einer anspruchsvolleren Schnittform daherkommt. Außerdem ist die Ostsee nun mal die ursprüngliche Heimat des vielseitigen Badesessels.
Mein anmutiger Papierstrandkorb ist 12,5 Zentimeter lang, 7,5 Zentimeter tief und 17,5 Zentimeter hoch. Zudem ist das Modell ein klassischer Zweisitzer, dessen Fußstützen ausfahrbar und demnach beweglich sind. Neben zwei bequemen Kissen wartet mein Ostseestrandkorb mit dem typisch gewölbten Sonnendach und zwei praktischen Seitengriffen auf.
Strandkorb aus Papier – Anleitung
Als Bastelmaterial verwendete ich vier verschiedene Tonpapierfarben und Krepppapier in einem dazu passenden Farbton. Außerdem kam Moosgummi als Abstandshalter zum Einsatz. Für die Verzierungen nahm ich nichts weiter als Wasserfarben zur Hilfe. Als Bastelwerkzeuge sollten Sie sich zudem eine Schere, flüssigen Kleber, ein Bastelmesser, Falzbeil samt Lineal, einen Eyelet-Setter, Bastelpins bestehend aus Perlen und Basteldraht sowie meine DIN A4 Bastelschablonen (#1 /#2 /#3 /#4 /#5 /#6 /#7 /#8 /#9 /#10 /#11) zurechtlegen.
Zuallererst fertigte ich die beiden Fußstützen meines Zweisitzers von Schablone #1 an. Hinweis: Um die Stabilität des Strandkorbes zu erhöhen, habe ich sämtliche Basiselemente doppelt in zwei unterschiedlichen Tonpapierfarben aufeinander geklebt. Ich falzte die Knick- und Klebelinien der Fußstützen, schoss mithilfe meines Eyelet-Setters kleine Löcher (siehe Schablone) hinein und beklebte das Ganze mit den Einzelteilen für die Schubfächer.
Aus Krepppapier drehte ich mir im Anschluss zwei schmale Zugbänder, die ich von vorne durch die Schubkastenblenden fädelte und auf der Rückseite verknotete. Außerdem verkleidete ich die beiden Fußstützen mit zwei Zierelementen aus Tonpapier. Wichtig: Die beiden Stopper habe ich erst einmal beiseitegelegt.
Strandkorb mit zwei beweglichen Fußstützen
Daraufhin fertigte ich von Schablone #2 den Boden des Strandkorbes an. Bevor ich das Element zur großen Schachtel verklebte, schob ich meine beiden Fußstützen in die Aussparungen und befestigte an deren Rückseite die beiden Stopper aus Tonpapier. Somit ist es möglich, die beiden Fußstützen aus dem Boden zu ziehen, ohne dass diese komplett herausfallen können.
Der äußere Boden meines geschwungenen Ostseestrandkorbes befindet sich auf Schablone #3. Nach dem Verstärken und Falzen verklebte ich das Element einfach mit sich selbst. Darauffolgend verzierte ich das Einzelteil mit der Bodenverzierung von Schablone #4. Die Seitenverzierungen befinden sich auf Schablone #5.
Zunächst fertigte ich mir die seitlichen Griffe nach dem gleichen Prinzip wie die Fußstützen an. Der einzige Unterschied ist, dass ich als zusätzlichen Abstandshalter jeweils einen Quader aus Moosgummi anbrachte. Direkt im Anschluss klebte ich erst die Seitenverzierungen, und darauf dann die beiden Griffe symmetrisch zueinander fest.
Der Ostseestrandkorb bekommt sein Papierdach
Für die Rückwand des Strandkorbes fertigte ich das große Element von Schablone #6 an. Darauf klebte ich die Verzierungen von Schablone #7 und stanzte darauffolgend die beiden Seitenlöcher (siehe Schablone) für das Dach ein. Das aufgerollte Dach ist der schwierigste Teil des Bastelmotivs. Dafür musste ich zunächst Schablone #8 mit Schablone #9 an der Markierung A verbinden.
Auch das Dach habe ich doppelt geklebt, gefalzt und die vielen kleinen Löcher mit meinem Eyelet-Setter eingestanzt. Mithilfe von Wasserfarben malte ich zudem 13 Längsstriche auf die Außenseite des Dachs. Anschließend fädelte ich die einzelnen Streben an jeder Seite des Dachelements auf einen Bastelpin auf und verschloss den Draht an der Rückseite. Hinweis: Hierfür könnten Sie auch Musterbeutelklammern verwenden.
Bevor ich die abstehende Vorderblende des Dachs an den zusammengetragenen Streben festklebte, verkleidete ich diese mit dem Element von Schablone #10. Dies ist eine rein optische Maßnahme. Ich hatte nun vier fertiggebastelte Bestandteile aus Tonpapier, die ich abschließend zu einem Strandkorb zusammenbaute. Ich begann damit, die verzierte Rückwand innen am äußeren Boden mit viel flüssigem Kleber zu befestigen.
Darauffolgend baute ich die Sitzbank mit den beiden Fußstützen ein. Danach folgte das Dach, welches ich an der hinteren Klebelasche an der Rückwand festklebte. Wichtig: Zudem fädelte ich den Basteldraht meiner Bastelpins am Dach durch die beiden seitlichen Löcher der Rückwand. In der Innenseite verdrehte ich den Draht. Was zu viel war, zwickte ich mit einer Zange ab.
Das rechteckige Element für das Innenpolster befindet sich auf Schablone #11. Das große Stück bemalte ich zunächst wieder mit Wasserfarben und klebte es direkt in die Innenseite des Strandkorbes ein. Außerdem bastelte ich mir von derselben Schablone zwei kleine Kissen, die ich symmetrisch zueinander auf dem Innenpolster anbrachte. Damit hatte ich meinen dreidimensionalen Strandkorb aus Papier fertiggestellt.
Fazit: Ordnung muss auch beim Baden sein
Der kleine Papierstrandkorb ist ein mittelschweres Bastelmotiv, was vor allem mit der komplexen Dachkonstruktion zusammenhängt. Für ein Exemplar benötigte ich ungefähr zwei Stunden Bastelzeit. An meinem Strandkorb gefällt mir besonders gut, dass er zum einen sehr stabil ist und sich dadurch zum anderen angenehm, wie aus einem Guss anfassen lässt.
Übrigens gibt es neben den Strandkörben natürlich noch weitere Merkmale, die einen erkennen lassen, dass man sich an einem deutschen Strand befindet. Die schicken Ostseebäder haben ihren Strandabschnitt meist weiter unterteilt. Akkurat abgesteckt und mit Warntafeln versehen, gibt es dann einen Hundestrand, einen FKK-Strand, einen Textilstrand, einen Strand mit Spielplatz und einen Strand, um Drachen steigen zu lassen. Kontrolliert wird die Einhaltung der Bereiche von einheimischen Parkwächtern, deren Aufwand mithilfe der berüchtigten Kurtaxe entschädigt wird.
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