Reisen bildet, macht Spaß, kann gleichzeitig sehr erholsam sein und ist für uns Menschen etwas sehr natürliches, schließlich waren unsere Vorfahren Nomaden. Wie der Fund des gut 5000 Jahre alten Ötzis bewies, waren die Menschen jener Zeit bereits mit viel Reisegepäck (englisch luggage), in Form von Umhängebeuteln und Gürteltaschen, unterwegs.
Als der Adel zu Beginn des 19. Jahrhunderts für sich beanspruchte, weite Reisen mit Kutschen zu unternehmen, gab es auf einmal einen riesengroßen Bedarf an robusten Reisekoffern (englisch suitcase). Das Gepäck war nämlich bekanntlich auf der unüberdachten Rückseite der Kutsche festgeschnallt, somit tagelang Wind und Wetter ausgesetzt und wurde zugleich durch die teilweise sehr schlecht befestigten Straßen umhergerüttelt. Also wurden Koffer aus dickem, geöltem Rindsleder hergestellt, die bereits dem heutigen Hartschalenkoffer-Design entsprachen und sich dadurch ebenso gut stapeln ließen.
The average suitcase of the age was made of thick, oil-treated cowhide stretched over a stout wooden frame.
Steve: Traveling in Time: History & Evolution of the Suitcase. weburbanist.com (05/2015).
Philosophisch betrachtet macht ein Koffer den Unterschied zwischen Mann und Frau. Männer hassen diesen praktischen Gegenstand. Wenn ein Paar auf Reisen geht, zieht Frau den größten und schwersten Koffer aus dem Schrank, bestapelt das Bett mit allen Kleidungsstücken, die sie hat, und lässt das Ritual des Kofferpackens beginnen. Der Mann hingegen hat leichte Panik und stellt daraufhin immer die rhetorische Frage: „Du weißt schon, dass wir nur 20 Kilogramm pro Person Gepäck frei haben?” Auf dem Weg zum Auto, die Koffer in der Hand, kommt dann immer: „Puh, was hast du denn wieder alles eingepackt, unnormal.” Am Reiseort angekommen im Hotel folgt danach meist der Satz: „Schatz, hast du [bitte einsetzen] eingepackt?” Sie können 50 Jahre verheiratet sein und sich absolut nichts mehr zu sagen haben, gehen Sie mit Ihrem Mann auf Reisen, es kommen immer diese drei Sätze.
Um alleine diese heilige Konversation zwischen Mann und Frau zu ehren, habe ich einen Reisekoffer aus Papier gebastelt. Der dreidimensionale Papierkoffer ist 16 Zentimeter lang, 5 Zentimeter breit und 10 Zentimeter hoch.
Über die zwei Schlaufen lässt sich das Köfferchen öffnen. Im Inneren befinden sich auf der Unterseite fünf Fächer. Am Kofferdeckel sind des Weiteren drei Einstecktaschen angebracht. Dieser Papierkoffer ist dadurch nicht nur ein schöner Dekorationsgegenstand, sondern auch eine perfekte Geschenkverpackung für Reisende.
Funktioneller Reisekoffer aus Papier
Der kleine Papierkoffer besteht aus vier farblich zueinanderpassenden Tonpapierfarben. Für die Verzierungen im Inneren des Koffers verwendete ich ein Stempelkissen, einen Motivstempel und ein Make-up Schwämmchen. Als Bastelwerkzeuge benötigen Sie nichts weiter als eine Schere, ein Bastelmesser, flüssigen Kleber, Lineal und Falzbeil sowie meine DIN A4 Bastelschablonen (#1 /#2 /#3 /#4 /#5 /#6 /#7 /#8 /#9 /#10 /#11).
Ich begann mit den Schablonen #1 und #2 und bastelte zunächst die Unterseite des Koffers mit den Fächern. Dafür fertigte ich alle Elemente der Schablonen aus meiner Kernfarbe des Tonpapiers an. Im Anschluss falzte ich die Teile mit einem Falzbeil samt Lineal und schnitt die einzelnen Stellen (siehe Schablone #1) mithilfe eines Bastelmessers ein.
Nach diesen Vorbereitungen klebte ich immer zwei der Fächerelemente zusammen. Wichtig: Nur die Mitte bekleben, die Klebelaschen bleiben vorerst separat. Folgend steckte ich meine Abstandhalter in die Einschnitte des großen Bodenelements und verklebte diese auf der Rückseite. Um die Klebelinien zu verstecken und den Koffer weiter zu verstärken,
fertigte ich von Schablone #4 das große Element aus einer Kontrastfarbe an. Auch dieses wird zunächst wieder gefalzt und danach, nur in der Mitte, an der Unterseite des Kofferbodens befestigt. Damit das Innenleben des Reisekoffers edler erscheint, sind die einzelnen Fächer verziert. Die Einlegeböden befinden sich auf Schablone #3 und wurden von mir aus zwei unterschiedlichen Tonpapierfarben angefertigt.
Die kleineren Quadrate der Schablone habe ich mit einem Motivstempel verziert und die Ränder mit Stempelfarbe und einem Make-up Schwämmchen akzentuiert. Anschließend klebte ich die kleinen auf die großen Elemente und klebte diese in die Fächer des Kofferbodens ein. Danach klebte ich die Außenseiten des Kofferbodens an den Abstandhaltern fest, damit ist der erste große Teil dieses Bastelmotivs fertiggestellt.
Kofferdeckel hat Einstecktaschen
Für den Kofferdeckel fertigte ich das große Element von Schablone #5 aus meiner Kernfarbe an und präparierte es nach der Bastelvorlage. Auf Schablone #6 befinden sich die kleinen Einstecktaschen samt Zierleisten. Die kleinen Taschen habe ich in einer Kontrastfarbe angefertigt, gefalzt, in den Kofferdeckel eingesteckt und auf der Rückseite verklebt. Die große Zierleiste wurde von mir einfach über den Schlitz geklebt und verkleinert diesen.
Zierleiste und kleine Einstecktaschen habe ich mithilfe der Elemente von Schablone #6 genauso verziert wie die Einlegeböden. Nun drehte ich den Kofferdeckel um und klebte über die Klebelaschen der kleinen Einstecktaschen das schmale, quaderförmige Element von Schablone #7. Im Anschluss klebte ich das große Element derselben Schablone inmitten der Rückseite des Kofferdeckels auf. Damit habe ich eine große Einstecktasche erzeugt.
Um die Einstecktasche zu verstecken und den Kofferdeckel weiter zu verstärken, wird dieser mit dem großen Element von Schablone #8, welches ich in einer Kontrastfarbe angefertigt habe, verkleidet. Nun kann Boden und Deckel miteinander verbunden werden. Dazu habe ich die Unterseite des Deckels zunächst an der hellgrünen Außenseite des Bodens befestigt.
Danach habe ich den Deckel nach vorne geklappt und die Verbindungsstelle mit der dunkelgrünen Klebelasche verkleidet. Durch diese Technik verläuft der Übergang zwischen Deckel und Boden nahtlos. Der Papierkoffer kann jetzt bereits verschlossen werden und sieht aus wie eine breite Schatulle. Um dem Ganzen ein Koffer-Design zu verpassen, beklebte ich alle Seiten des Motivs mit den Elementen von Schablone #9, deren Kanten ich vorher wieder mit Make-up Schwämmchen und Stempelfarbe akzentuierte.
Papierkoffer bekommt Schlaufen und einen Griff
Der Griff und die Eckenschoner befinden sich auf Schablone #10. Dafür verwendete ich zwei Farben, die bisher noch nicht zum Einsatz kamen. Für den Griff klebte ich zunächst die beiden Mittelstücke zusammen, danach wölbte ich das gerade Stück. Dieses gewölbte Stück klebte ich nun zwischen die beiden unterschiedlich farbigen und großen Pfeilhälften.
Im Anschluss klebte ich den Griff mittig auf die Oberseite des Kofferdeckels auf. Die einfarbigen Eckenschoner habe ich hingegen einfach an jeder einzelnen Ecke des Reisekoffers angeklebt. Die Verschlussschlaufen befinden sich auf Schablone #11. Wie beim Griff auch habe ich zunächst wieder die vier Mittelstücke der Schlaufen angefertigt, diese aufeinander geklebt und leicht gewölbt.
Die eine Seite der Schlaufen habe ich danach wieder zwischen den beiden Pfeilen versenkt. An zwei der vier Schlaufen habe ich außerdem Verschlussösen angebracht. Tipp: Kleben Sie zunächst die Verschlussschlaufen mit den Ösen an, danach ist es nämlich leichter, die anderen Schlaufen zu justieren. Der kleine Koffer aus Papier kann nun sauber verschlossen werden und ist bereit für die Abfahrt.
Fazit
Der Papierkoffer ist gar nicht so schwer zu basteln und benötigt relativ wenig Material, also auch perfekt, um sich mit Kindern kreativ auszutoben. Für ein Exemplar habe ich ungefähr 90 Minuten Bastelzeit benötigt.
Am besten gefällt mir dieses klassische Koffer-Design nach dem Motto: „Mit dem Käfer durch Europa!” Heutzutage natürlich verpönt, da völlig unpraktisch, komme ich beim reinen Anblick solcher Koffer sofort in Reiselaune.
Verstärkt wird dies wahrscheinlich dadurch, dass ich eine Trolley-Phobie habe. Während des Studiums wohnte ich in München und jeden Freitag Punkt 17:00 Uhr vernahm ich stundenlang ein Rattern. Plastikrollen, die über den Asphalt geschliffen wurden. Zwei Tage später, Sonntagnacht gegen 23:00 Uhr wieder ein zweistündiges Rattern und ich dachte mir nur: „Leute, ich weiß bei Mutti ist’s am Schönsten, aber habt ihr euch schon einmal überlegt wie viel wertvolle Lebenszeit ihr in überfüllten Zügen für die paar Stunden vergeudet?”
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Valentina sagt:
Wow, ich hätte nicht gedacht, dass es so einfach geht. Davon werd ich noch viele mehr basteln. Die lassen sich nämlich auch gut verschenken, oder als Gutschein verwenden 🙂
Tom sagt:
Hallo, ich bin gerade durch Zufall auf deinen Artikel gestoßen und ich finde diese Idee wirklich super. Mein Neffe hat demnächst Geburtstag und ich denke ich werde ihm so einen Koffer basteln 🙂
Amy Chan sagt:
Hi hi und dankööö für die schöne Schablone 🙂 Das süße Köfferchen habe ich mit meiner Schwester am letzten Sonntag gebastelt. Er ist teil eines Geschenkes für meinen Freund der bald für drei Wochen nach Marokko zum arbeiten muss 🙁 Lg Chan-Chan
Svenja Elgordo sagt:
Guten Morgen liebe Bastler *smile* Danke für die schöne und witzige Anleitung - ist genau was ich suchte. Meine Tochter geht nach dem Abi für sechs Wochen nach Australien, bissl Lebenserfahrung sammeln, und da bekommt sie von Papa und mir natürlich einiges an Abschiedsgeschenken und der Koffer wird ein Teil davon. Zur Geschichte: Ich musste so lachen denn es ist wahr, mein Mann könnte mit einer Gürteltasche für eine Woche in den Urlaub fliegen aber nicht ohne mich, weil ich sein ganzes Zeug das er vergisst einpacken muss *lol* Lg aus Duisburg, Svenja
Mosley Maria sagt:
Super gut erklärt vielen Dank! Ich habe zwei Koffer in den Lieblingsfarben meiner Tochter gebastelt, die übermorgen auf Kur muss. In einem sind Moneten 🙂 in dem anderen Bilder von der Family.
Kerstin sagt:
Grüßli ihr alle 🙂 Ich konnte den Koffer dank der Anleitung gut basteln *freu* hat aber bestimmt 7 Stunden gedaudert. Sehr lustiger Text und ich kann deine „Trolley-Phobie” teilen denn ich wohne in Erfurt. Die ganzen Bayern studieren hier weils eben billiger ist und begeben sich jeden Freitag ab 14uhr zum Bahnhof mit ihren Rollköffchern *furchtbar*. LG und danke Kerstin