Die Adventskalender aus dem Supermarkt mit Schokolade müssen irgendwie verzaubert sein. Immer wenn ich Ende November einen dieser Kalender aus Papier und Plastik kaufte, war spätestens am Nikolaustag keine Schokolade mehr hinter den Türchen. Denn beim Öffnen eines der 24 Tore begann der Adventskalender wie von Geisterhand leicht zu vibrieren und so verbargen sich hinter mancher Tür bis zu vier Stückchen Schokolade. Meistens habe ich bis Heiligabend drei dieser Adventskalender benötigt, worunter meine Figur und mein Geldbeutel litten, weshalb ich seitdem versuche meine weihnachtlichen Kalender selbst zu basteln.
Eines meiner liebsten Motive ist das geschichtsträchtige Lebkuchenhaus (englisch Gingerbread House). Als die ersten europäischen Kreuzritter um Gottfried von Bouillon im 11. Jahrhundert loszogen, um die Heilige Stadt Jerusalem einzunehmen, brachten sie bei ihrer Rückkehr unbekannte Gewürze wie Piment oder Kardamom aus dem Morgenland mit.
Gingerbread made an appearance in Europe when 11th-century crusaders brought the spice back from the Middle East [...].
Rolek, Barbara: History of gingerbread - Long Story Short. easteuropeanfood.about.com (11/2015).
Katholische Mönche begannen daraufhin kurzerhand mit den Gewürzen zu experimentieren und so entstand nach und nach der heutige Lebkuchen. Wobei das Grundrezept dieser Honigkuchen bereits den alten Ägyptern bekannt war. Perfektioniert und in Form gebracht wurde das Gebäck im 15. Jahrhundert durch eine Nürnberger Gilde (Die Lebkuchner), welche die Lebkuchen mit Goldverzierung oder Eis anbot. Diese süßen Pfefferkuchen waren so hochwertig und beliebt, dass sie sogar zur Bezahlung der Stadtsteuer akzeptiert wurden.
The quality of the Nuremberg guild’s lebkuchen was so high that it was even used as currency for paying city taxes.
Conjecture Corporation: What is the History of Gingerbread? wisegeek.com (11/2015).
Ab dem 16. Jahrhundert begann die kreative Phase der Lebkuchenformen. Der auch heute noch beliebte Lebkuchenmann wurde seinerzeit zu Ehren von Königin Elisabeth I. gepresst. Ungefähr zur selben Zeit entstand aus der Hand eines Lebzelters (Lebkuchenbäckers), wahrscheinlich im „Bayerischen Reichskreis”, das erste Lebkuchenhaus. Durch das literarische Meisterwerk „Hänsel und Gretel” der Gebrüder Grimm im frühen 19. Jahrhundert gewann das Pfefferkuchenhaus an internationalem Ruhm, sodass es sogar in der neuen Welt gebacken wurde und heutzutage auch dort fest zur Adventszeit gehört.
Da kamen sie an ein Haus - ein Pfefferkuchenhaus!
Thionville, Andrea: Hänsel und Gretel (einfache Version des Märchens der Gebrüder Grimm). youtube.com (11/2015).
Ich habe einen Adventskalender aus Papier gebastelt, der wie ein Lebkuchenhaus aussieht. Wie ich das angestellt habe und was Sie zum Nachbasteln alles benötigen, das erfahren Sie nun.
Mein dreidimensionales Papierlebkuchenhaus ist 24 Zentimeter lang, 27,5 Zentimeter breit und 22 Zentimeter hoch. Es verfügt im Dach über 24 Türchen mit jeweils einem Volumen von 64 cm³.
Bastelanleitung für Adventskalender
Für das köstliche Lebkuchenhaus verwendete ich Tonpapier in vielen verschiedenen Farben, gelbes Transparentpapier sowie braune Wellpappe und gemustertes Strukturpapier. Für das verschneite Dach kam weißes, handgeschöpftes Naturpapier zum Einsatz. Für die appetitlichen Dekorationen an den Hauswänden nahm ich die lufttrocknende Modelliermasse WePAM und 3D Kunstschnee zur Hilfe.
Als Bastelwerkzeuge sollten Sie sich eine Schere, ein Bastelmesser, Falzbeil samt Lineal, einen flüssigen Kleber und meine DIN A4 Bastelschablonen (#1 /#2 /#3 /#4 /#5 /#6 /#7 /#8 /#9 /#10 /#11 /#12 /#13 /#14 /#15 /#16 /#17) zurechtlegen. Zuallererst fertigte ich die Schablonen #1 und #2 aus Tonpapier an, dies sind die Wände. Nachdem ich die Fenster ausgeschnitten hatte, verkleidete ich diese innen mit den Fensterglaselementen von Schablone #3. Hinweis: Hinter die Transparentpapierfenster klebte ich weißes Tonpapier (siehe Schablone).
Stabiles Hausgerüst durch Wellpappe
Für den Rohbau des Lebkuchenhauses fertigte ich die Schablonen #4 - #6 aus brauner Wellpappe an. Ich falzte die Knick- und Klebelinien der Wände und des Daches und klebte anschließend mein Haus zusammen. Das Ganze sollte ungefähr so aussehen wie eine Werkzeugkiste. Darauffolgend nahm ich meine bereits vorbereiteten Tonpapierwände zur Hand und klebte diese auf die Außenwände aus Wellpappe auf. Wichtig: Das Element zur Verkleidung der Firstpfette befindet sich ebenfalls auf Schablone #6.
Die Verzierung der Wände, Fenster und Türen ist zwar sehr zeitaufwendig, jedoch besonders wichtig. Schließlich sollte mein Pfefferkuchenhaus genauso zum Anbeißen wie das der Hexe aus „Hänsel und Gretel” aussehen. Auf Schablone #7 finden Sie dazu einige Vorlagen. Von Brezeln über Herzen bis hin zu Plätzchen ist alles vertreten. Damit sich die Verzierung des Lebkuchenhauses real anfühlt und dreidimensional aussieht, habe ich teilweise lufttrocknende Modelliermasse von WePAM verwendet. Sie können die einzelnen Elemente jedoch genauso gut alle aus Papier anfertigen. Außerdem setzte ich noch mit 3D Kunstschnee kleine Akzente.
Im Dach befindet sich der Adventskalender
Für das Dach, in dem die 24 Kalendertürchen stecken, verlängerte ich die Schablonen #8 und #9 sowie #10 und #11. Außerdem fertigte ich den oberen Balken des Dachstuhls von Schablone #12 an. Ich schnitt die quadratischen Fenster aus dem Dach und falzte die Knick- und Klebelinien. Im Anschluss stellte ich die Klebelaschen der angefertigten Schablonen auf und verklebte diese mit sich selbst. Darauffolgend klebte ich immer ein Dachelement mit Fenstern auf ein fensterloses Dachelement. Nach diesen Arbeitsschritten hatte ich drei Einzelteile, zwei dreidimensionale Dachschrägen mit á 12 freien Kästchen und einen Querbalken.
Meine drei Dachelemente klebte ich nun der Reihe nach auf meinen Rohbau auf. Zur Verkleidung der Übergänge und für einen Schneeeffekt fertigte ich die Schablonen #13 - #16 nach dem Verlängern aus handgeschöpftem Papier an. Mit dem daraus entstehenden, großen Papierelement packte ich mein Dach einmal komplett ein. Tipp: Falls Sie kein handgeschöpftes Papier haben, können Sie den Schneeeffekt auch mit weißer Watte erzeugen.
24 Türchen bis Weihnachten
Mithilfe der Schablone #17 habe ich meine 24 Türchen gebastelt. Ich fertigte das große Element jeweils zwölfmal aus zwei unterschiedlichen Tonpapierfarben an, falzte es und verklebte es mit sich selbst zu einer kleinen Schachtel. Den wiederverschließbaren Deckel beklebte ich danach mit einem weißen Tonpapierquadrat (siehe Schablone), auf welches ich im Anschluss die einzelnen Kalendertage schrieb.
Die kleinen Boxen passen perfekt in die Aussparungen des Daches. Natürlich habe ich die Zahlen und Farben nicht der Reihe nach, sondern wild im Lebkuchenhaus angeordnet. Damit ist der relativ schwere und sehr stabile Adventskalender fertiggestellt. Zum Basteln eines Exemplars habe ich zirka einen ganzen Tag Bastelzeit benötigt, was jedoch hauptsächlich an der zeitaufwendigen Wandverzierung lag.
Fazit - Adventskalender ist ein Multitalent
Meine Aufgabe als Patentante kann im Dezember besonders stressig sein, da mein Patenkind in diesem Monat auch Geburtstag hat. Pünktlich am ersten Dezember übergebe ich ihr dieses Haus, was gleichzeitig das Nikolaus-, Geburtstags- und Weihnachtsgeschenk ist. In den einzelnen Türchen befinden sich Schminkutensilien, Bastelsachen und Schokolade. Da mein Lebkuchenhaus innen noch viel Platz bereithält, klebte ich unter dem Dach das eigentliche Highlight fest. Verpackt in Geschenkpapier ist es ein elektronisches Gerät, welches an den Händen junger Teenagermädchen festgewachsen scheint.
Damit bleiben für mich dann dieses Jahr wohl wieder nur die verzauberten Adventskalender aus dem Einzelhandel. Mal sehen, wie viele Kalendertage es diesen Advent bis Weihnachten werden.
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