In Deutschland müssen alle Kinder zwei bis sechs Monate¹ vor der geplanten Einschulung zur Schuleingangsdiagnostik. Viele Eltern sind angesichts dieser amtsärztlichen Pflichtuntersuchung² verunsichert und fragen sich, ob ihr Sprössling die Anforderungen für die erste Klasse erfüllt. Derartige Ängste sind jedoch völlig unbegründet, da die Gesundheitsämter längst nicht mehr aussieben und eine unfreiwillige Zurückstellung nur noch in den seltensten Fällen angeordnet wird. Trotz dieses Umstandes finden weiterhin Schulfähigkeitstests statt, die aber aufgrund unzuverlässiger Prognosen³ ihren einschüchternden Aufnahmeprüfungscharakter verloren haben. Heutzutage sollen diese Instrumente lediglich dabei helfen, einen eventuellen Förderbedarf bei sechsjährigen Bundesbürgern offenzulegen.
Früher wurden „schulreife” von „nicht schulreifen” Kindern getrennt. Heute wird eher eine „Prozess”-Diagnostik durchgeführt, die in erster Linie Hinweise auf Fördermaßnahmen geben soll.
Bründel, Heidrun: Wann ist ein Kind schulfähig? Ein praktischer Leitfaden für Erzieherinnen. 3. Auflage. Freiburg im Breisgau: Verlag Herder 2001.
Neben der Schuleingangsuntersuchung gibt es natürlich noch andere Verfahren, die einen Hinweis darauf geben, ob ein Dreikäsehoch die Bauklötzchen gegen Tintenfüller und Papier tauschen kann. So sind sich Erzieherinnen und Lehrer darüber einig, dass ein Erstklässler ausgeprägte Kompetenzen im sensorischen sowie im feinmotorischen Bereich⁴ aufweisen muss, um im Lernalltag zu bestehen. Demnach ist ein Kind dann für den Grundschulbesuch qualifiziert, wenn es den sicheren Umgang mit einer Schere beherrscht⁵ und beim Ausmalen in den vorgegebenen Linien bleibt.
Generell sollte sich ein Sechsjähriger in gewissem Maße selbst motivieren können, um kleine Bastelarbeiten⁶ ohne fremde Hilfe zu Ende zu bringen.
Das sollte Ihr Kind bei der Einschulung können: Etwas zu Ende führen (z. B. ein Bild malen oder etwas basteln), auch wenn es länger dauert.
Pighin, Gerda: Ein toller Schulstart. Erfolg und Spaß vom ersten Schultag an. Berlin: Cornelsen Scriptor 2002.
Ob ein Vorschulkind die oben aufgeführten Anforderungen für die erste Klasse erfüllt, lässt sich relativ leicht mit unseren Druckvorlagen testen. So sind die drei DIN-A4-Bögen wie gewöhnliche Malbuchseiten aufgebaut, die aber zusätzlich diverse Ausschneideaufgaben beinhalten. Darüber hinaus stellen die Szenerien verschiedene Objekte bereit, die von zukünftigen ABC-Schützen während der Schuleingangsuntersuchung unterschieden und benannt werden müssen.
Der Wellenschnitt
Steht ihnen das Werkzeug regelmäßig zur Verfügung, dann beginnen Kinder ab dem dritten Lebensjahr⁷ selbstständig mit der Schere zu experimentieren. Bei den ersten Schneideversuchen entstehen dann zumeist wellenförmige Schnitte, wobei die Knirpse relativ schnell die Lust verlieren und sich mit etwas anderem beschäftigen. Im Gegensatz zu einem fahrigen Vorschüler sollte ein Erstklässler vorgezeichnete Schlangenlinien vollständig durchtrennen können, was sich mit unserer Unterwasserwelt trainieren lässt. Des Weiteren sieht die Übung vor, dass das Arbeitsblatt einmal von der linken und einmal von der rechten Papierkante geteilt wird.
Routinierte Kindergartenrocker sind erfahrungsgemäß ohne Weiteres in der Lage, zwei Klingen auf einer geschwungenen Markierung zu balancieren. Bereitet diese Form des Ausschneidens einem Grundschulaspiranten größere Probleme, dann liegt womöglich eine sensorische Integrationsstörung vor.
Schätzungen zufolge treten bei jedem sechsten bis achten Kind sensorische Integrationsstörungen auf.
Barth, Karlheinz: Schulfähig? Beurteilungskriterien für die Erzieherin. Freiburg im Breisgau: Verlag Herder 1995.
Zumeist wirkt sich diese neurologische⁸ Lädierung negativ auf die Augen-Hand-Koordination aus. Das führt wiederum dazu, dass beeinträchtigte Kinder verglichen mit ihren Altersgenossen deutlich mehr Zeit für Scherenschnitte oder Ausmalarbeiten benötigen.
Zickzack am Horizont
Dagegen sind sensorisch gestörte Quakelchen unter keinen Umständen in der Lage, waagerechte Linien sauber aus Papier zu schneiden. Eine derartige Tätigkeit setzt nämlich sowohl ausgeprägte feinmotorische Kompetenzen wie auch eine immense Konzentrationsfähigkeit voraus, weswegen selbst „gesunde” Vorschüler manchmal an horizontalen Schnitten scheitern. Wer also herausfinden möchte, ob sein Kind eventuell eine ergotherapeutische⁹ oder motopädische Frühförderung benötigt, dem könnte unsere Almlandschaft erste Anhaltspunkte liefern. In dieser Bergszenerie geht es nämlich zum einen um Zickzack-Schnitte, die vom Scherenführer knifflige Richtungswechsel erfordern. Zum anderen muss der DIN-A4-Bogen mehrfach in der Horizontale geteilt werden, was Durchhaltevermögen und ein ruhiges Händchen verlangt.
Falls die gestellten Aufgaben einen Fünfjährigen zwar nicht überfordern, aber trotzdem gewisse Schwierigkeiten bereiten, dann sollten die Eltern ihren Sprössling zu mehr Bewegung animieren, um die körperliche Entwicklung voranzutreiben.
Sie können die Entwicklung unterstützen, indem Sie für möglichst viel Gelegenheit und Anregung zum Toben und Bewegen sorgen. Denn eine gut entwickelte Grobmotorik ist eine wichtige Voraussetzung für die feinmotorischen Fähigkeiten. Und diese wiederum braucht man zum Schreiben.
Pighin, Gerda: Ein toller Schulstart. Erfolg und Spaß vom ersten Schultag an. Berlin: Cornelsen Scriptor 2002.
Neben der motorischen Reife überprüft der Amtsarzt ebenfalls den Wissensstand der Grundschulbewerber. Hierbei müssen die Prüflinge unter anderem diverse Farben benennen und gängige Formen¹⁰ voneinander unterscheiden. Denn nur diejenigen, welche die Eigenschaften eines Kreises oder eines Dreiecks hervorheben können, bringen die nötigen Voraussetzungen zum Buchstabenlernen¹¹ mit.
Verkehrszeichen ausschneiden
Kindergartenkinder sehen Formen im Alltag vorwiegend auf Straßenschildern, die später sowohl für den Schulweg als auch für die Fahrradprüfung¹² relevant sind. Darüber hinaus schmücken sich deutsche Einzugsgebiete nicht nur mit ihren Gemeindewappen, sondern stellen obendrein das Emblem ihres zuständigen Bundeslandes omnipräsent zur Schau. Ikonische Zeichen spielen also selbst für die Generation Alpha¹³ eine große Rolle, weshalb derartige Symbole auf dieser Vorlage teilweise freigestellt werden müssen. Dabei gilt es, die Schere entlang der Rundungen zu manövrieren, ohne dabei die vorgegebenen Schnittlinien zu verlassen.
Angesichts des Schwierigkeitsgrades wäre es überhaupt nicht schlimm, wenn ein sechsjähriger Dreikäsehoch die gestellte Aufgabe nur unzureichend durchführen kann, da ein solcher Geschicklichkeitstest bei keiner Schuleingangsdiagnostik zum Einsatz kommt. Aufgrund ihrer Komponenten ist die Schneideübung trotzdem ein hervorragendes Lehrmittel, um angehende ABC-Schützen perfekt auf den Erstklassunterricht vorzubereiten.
Verwandte Themen:
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¹Hanf, Christina: Was muss eine Vorschulkind können? youtube.com (02/2022).
²Fröhlich, Sabrina: Schuleingangsuntersuchung. youtube.com (02/2022).
³Niesel, Renate: Schulreife oder Schulfähigkeit - was ist darunter zu verstehen? bpb.de (02/2022).
⁴Naumann, Sabine: Was heißt hier schulfähig? Übergang in Schule und Hort. Ravensburg: Ravensburger Buchverlag 1998.
⁵Reimann-Höhn, Uta: Checkliste Einschulung - das sollte Ihr Kind können. youtube.com (02/2022).
⁶Ferrari, Renate & Monika Neubacher-Fesser: Bald komm’ ich in die Schule. Ein Eltern-Kind-Begleiter zur Vorbereitung auf die Schule. Freiburg im Breisgau: Christophorus-Verlag 1997.
⁷Wege, Brigitte vom & Mechthild Wessel: Das große Ideenbuch Kinderförderung. Freiburg im Breisgau: Verlag Herder 2009.
⁸Söchting, Elisabeth: Was ist sensorische Integration? sensorische-integration.org (02/2022).
⁹Schuh, Dagmar: Sensorische Integrationstherapie. youtube.com (02/2022).
¹⁰Günther, Daniel: Schuleingangsuntersuchung. youtube.com (02/2022).
¹¹Koepke, Hermann: Das siebte Lebensjahr. Die Schulreife. 2., erweiterte Auflage. Dornach: Verlag am Goetheanum 1997.
¹²Vetter, Veronika Helga: Lernhilfe für die Fahrradprüfung - Malspiele Verkehrserziehung. bastelkommission.de (02/2022).
¹³Kunath, Katharina: Die „Generation Alpha“ steht vor ganz neuen Problemen. welt.de (02/2022).
Daddy_Till sagt:
Sehr spannendes Thema. Zwar ist die Einschulung bei uns noch ein paar Jahre hin, trotzdem suche ich immer eine sinnvolle, analoge(!) Beschäftigung für meine Kids. Mein Vierjähriger kam bereits ziemlich gut durch alle Vorlagen. Nur bei den geraden Linien schneidet er ab der Mitte leichte Wellen. Sein kleiner Bruder (2,5 Jahre) kann noch gar nicht auf vorgegebenen Linien schneiden - interessant! Er malt lieber aus.
Lob an die Künstlerin, sehr schöne und kindgerechte Szenerien! Ich werde die Übung noch mal in drei Monaten ausprobieren und schauen, wie sich das Ganze entwickelt. Alles Gute!
Katja Grützner sagt:
Hallo Veronika! Bei uns wird das Ausschneiden diesen Sommer ein Thema. Mein kleiner Prinz ist jetzt vier Jahre aber kann noch gar nicht mit der Schere schneiden. Im Kindergarten kommt das wohl viel zu kurz. Wenn ich mit ihm Basteln will, dann fängt er sogar das Weinen an und er will die Schere nicht halten.
Ich versuche es in meinem Urlaub mal mit deinen Vorlagen. Erst die süßen Schäfchen ausmalen, dann die Linien schneiden. Wenn das überhaupt nicht klappt, muss ich mit ihm echt mal zu Arzt gehen.
Ich finde es echt toll, dass du die Vorlagen kostenlos zum Drucken anbietest. Das nimmt die Hürde, weil viele Eltern kein Geld für teure Malbücher ausgeben können. Vielen Dank & lg nach Österreich.
Mila sagt:
Hi zusammen, meine Erfahrung zu dem Thema: Meine Tochter ist 4,5 Jahre alt und geht seit sie 3 ist in den Kindergarten. Leider kann sie eigentlich gar nichts schneiden, auch die Schere hält sie falsch. Mir ist das leider erst vor Kurzem aufgefallen. Daraufhin habe ich mit der Haupterzieherin gesprochen, die sagte, dass sie kaum zum Basteln kommen, weil sie ständig unterbesetzt sind. Tja, ich zahle 220€ mtl. + Essen.
Ich habe mich jetzt informiert und werde mit meiner Tochter das Schneiden üben. Vorlagen sind bereits ausgedruckt und vorbereitet, sehen sehr gut aus, großes Lob!
Marion Krauss sagt:
Tagchen, die Vorlagen gehen gerade durch unsere Signal-Elterngruppe. Eines gleich vorweg: Super schön gemacht - eigentlich zu schade zum Zerschneiden.
Laut unserer Kiga-Leiterin beginnt die Förderung der „sensorischen Integration” bereits bei den Dreijährigen. Doch eigentlich geht der „Lehrplan” wohl auch davon aus, dass die Kinder ebenso zu Hause basteln. Tjo ... schwierig.
Ich hoffe die Vorlagen sind ein gewisser Ausgleich. Grüße!
Spatzi sagt:
Hey, bei uns im Kiga war gestern ein Elternabend zum Thema „sensorische Integration”. Dabei ging es unter anderem auch ums Ausschneiden. Da scheinen einige Kinder große Probleme zu haben.
Neugierig wie ich bin, habe ich ein wenig gegoogelt und kam auf diese Seite hier. Meine Tochter ist 4,5 Jahre alt und schafft problemlos alle drei Aufgaben. Was anderes hätte mich auch gewundert, da wir zu Hause viel basteln. Auf den Kindergarten würde ich mich da nicht verlassen.
Die Turnhalle ist ständig wegen Sprachförderkursen belegt, im Garten wird ständig irgendwas umgegraben und kreative Dinge werden kaum gemacht, weil immer nur 50% der Erzieherinnen anwesend sind.
Ich bedanke mich für die super schönen Vorlagen und grüße alle Eltern! Kümmert euch um eure Kinder!
Janka1981 sagt:
Guten Tag, als Mototherapeutin ist die Sensorische Integration mein Fachgebiet. Ich finde Ihr Material zum Ausschneiden sehr gelungen und werde den Wellenschnitt in meinen Gruppensitzungen testen. Hierfür vielen Dank im Voraus.
Zu den Eltern in den Kommentaren möchte ich nur sagen: Die Pädagoginnen im Kindergarten tragen keine Schuld bei Problemen, da die motorische Entwicklung größtenteils zwischen 0 und 3 Jahren stattfindet.
Die Devise für Kleinstkinder lautet: Bewegung, Bewegung und nochmals Bewegung. In der Realität sehe ich 2-3 jährige Mädchen in Kinderwägen mit Schnuller im Mund Handyfilme anschauen. Tja, was soll man da noch richten?