Während des Kriegsgetöses im November des Jahres 1944 druckte eine Zeitung namens „Die Glocke” eine Geschichte¹ über den Kameraden Lehmann. Dessen Sohn hatte ein Dame-, Mühle- und Schachspiel für den Vater gebastelt. Bei der Herstellung sägte der kleine Klaus aus einem Holzstab 32 Spielsteine, die er nach dem Schleifen und Bemalen in ein selbstgefaltetes Kuvert gab, welches sich mit einer Musterbeutelklammer verriegeln ließ. Eine praktische Idee, die dem Soldatenpapa ein wiederverschließbares Behältnis bescherte, das platzsparend in der Uniform verstaut werden konnte. Natürlich gehört Klaus Lehmann nicht zu den Urhebern dieser Verpackungsform. Denn ehe in den 1840er-Jahren Klebestreifen sowohl auf Umschlägen wie auch auf Briefmarken² Einzug hielten, wurden Poststücke längst mit zweibeinigen Eisenstecknadeln verschlossen. Diese Handlungsweise führte in der Gründerzeit zu klassischen Musterbeutelklammern, die in kriminalistischen und medizinischen Laboratorien zum Versiegeln von Probenbeuteln dienten. Seit der Erfindung diverser Kunststoffdruckverschlüsse haben die goldfarbenen Blechstifte aber fast nur noch für Papierhandwerker einen Nutzen.
So sorgen Musterbeutelklammern vorwiegend für die Beweglichkeit in Bastelmotiven. Dabei fungieren die spreizbaren Metallköpfe als Gelenke, mithilfe derer sich Windräder drehen oder Kinderwagenverdecke³ zuklappen lassen. Im deutschen Sprachraum ebenfalls als Mini Brads bekannt, treten die Eisenverschlüsse zumeist in Kombination mit einem Stanzwerkzeug auf, welches zum Einschießen der Einfädellöcher verwendet wird.
Wer nicht gerade eine gut sortierte Bastelwerkstatt betreibt, der dürfte keine Rundkopfklammern im Haus haben. Zwar sind die goldfarbenen Messingstifte recht günstig, jedoch nur in größeren Mengen erhältlich. Seit dem schleichenden Warenhaussterben ist es zudem schwierig geworden, derartige Verschlüsse auf die Schnelle zu bekommen. Was also tun, wenn selbst gemachte Hochzeitsfächer oder Lernuhren heute noch fertig werden müssen?
Die einzige käufliche Alternative für Musterbeutelklammern sind Anstecker mit Schmetterlingskupplung, die oftmals in Non-Food-Discountern oder Modeschmuckketten angeboten werden. Auch bekannt als Krawatten-Tacks stellen die Revers-Abzeichen für einzelne Bastelmotive eine solide Notlösung dar, sind für die Serienproduktion aber schlichtweg zu teuer.
Bastelpins selber machen
Zum Glück gibt es noch eine weitere Option, um Bewegung in Papierkunstwerke zu bringen, nämlich eigene Gelenkvorrichtungen herstellen. Hierfür ist vor allem Draht erforderlich, der vielleicht einmal für Balkonpflanzen angeschafft wurde, sich in alten Haarbändern versteckt oder im Moment irgendwelche Kabel zusammenhält. Das Aussehen der biegsamen Eisenschnur ist zweitrangig, da sich Wickeldraht rasch mit diversen Zellstoffen verkleiden lässt.
Hingegen als Ersatz für einen Musterbeutelklammerkopf können verschiedene Objekte dienen. Allerdings funktionieren Rocailles oder Holz- bzw. Papierperlen am besten, da das Drahtstück bei gelochten Kugeln lediglich horizontal durch die Öffnung geschoben werden muss.
Blicken an beiden Enden ungefähr gleichlange Kabel hervor, ist es dann nur noch nötig, die Beinchen einmalig miteinander zu verdrehen.
Darüber hinaus lassen sich kleinere Ringe aus Metall oder Modelliermasse ebenfalls in Bastelpins verwandeln. Bei weitläufigeren Öffnungen ist es jedoch ratsam, die Drahtschnur in der Mitte u-förmig zu biegen, um das Kranzloch mit dem daraus resultierenden Hügel zu schließen. Infolgedessen kann das heraushängende Fadenpaar wie bei Rundkopfklammern zum Festmachen verwendet werden.
Richtig einsetzen
Die selbst gemachten Musterbeutelklammern sind genauso funktionell wie das Original. Nachdem die Löcher an gewünschter Position mit einem Stanzwerkzeug eingeschossen und vielleicht sogar mit Eyelets verschönert wurden, lassen sich die geradegerückten Bastelpin-Beinchen in die Öffnungen einführen.
Einmal implantiert ist es dann nur noch nötig, die Drahtstelzen hinter dem Ausgang vollständig zu spreizen. Zu guter Letzt noch Kopf und Spagat zusammendrücken, um den Zwischenraum zu verkleinern. Mithilfe dieser simplen Mechanik kann ein jeder Bastelpin zum Anheften von Applikationen verwendet werden oder als wiederverschließbare Klemme fungieren.
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¹Deutsches Zeitungsportal: Die Glocke vom Samstag 25.11.1944. ddb.de (07/2023).
²Leipold, Roman: Briefmarke: Reif fürs Museum. In: Chip Nr. 10 (2022). S. 37.
³Vetter, Veronika Helga: Kinderwagen aus Papier - rollende Babykarosse mit Lederverdeck. gws2.de (07/2023).