Aus Sicht eines Grünrocks gibt es wohl nichts Befriedigerendes als der Ausruf „Waidmannsheil!” nach einem Kammerschuss auf Rot- oder Damwild. Besonders begehrt als Trophäe ist das Hirschgeweih des seltenen, jedoch ungefährdeten Rothirsches. Prächtig thront solch ein Geweih nicht nur über dem Kamin in Jagdschlössern und Hütten, sondern auch bei vor allem wohlhabenden Städtern im Speisesaal oder Atelier.
Ein vollständiges, gefegtes Rothirschgeweih hat einen hohen Sammlerwert und wird nur sehr selten verkauft. Das Geweih muss sich jedoch dazu noch am Echtschädel auf einem Trophäenbrett befinden und am besten zehn oder mehr Enden haben. Hingegen unvollständige Geweihe mit Kunstschädel sind so gut wie wertlos. Dies liegt daran, dass Rothirsche jährlich ihre Kronen (Stangen) aus Knochensubstanz abwerfen, die danach von Walddieben, Jägern und Förstern aufgesammelt werden.
[...] besteht das Geweih des Rothirsches nicht aus Horn, sondern aus Knochensubstanz. [...] dürfen abgeworfene Stangen nicht vom Waldboden aufgesammelt werden, da dies nach dem deutschen Jagdgesetz verboten ist [...].
Meyer, Reinald: Alljährlich erneuert der Rothirsch sein Geweih. blog.natuerlich-jagd.de (12/2015).
Obwohl ich als Vegetarier und Tierbesitzer mir nicht viel aus der Jagd mache aber natürlich weiß, dass diese wichtig ist, um die schönen Wälder zu schützen habe ich, wenn ich an Weihnachten denke, das Bild eines Hirschgeweihs, welches über einen prasselndem Kamin hängt im Kopf. Dazu liegt draußen meterweise Schnee und ich sitze gemütlich in einem Sessel und trinke Eiergrog. Entweder liegt dies am Zeichentrickfilm bzw. am gleichnamigen Lied von Gene Autry „Rudolph, the Red-Nosed Reindeer” oder es ist ein evolutorisches, unterbewusstes Jagdbedürfnis, was auch erklären würde, warum immer mehr Frauen das grüne Abitur erwerben.
Noch vor 20 Jahren betrug der Frauenanteil unter den Jägern knapp ein Prozent. Heute ist jeder zehnte Jagdscheininhaber eine Frau.
Hagemann, Anne-Nikolin: Frauen auf der Jagd. sueddeutsche.de (12/2015).
Ich habe mir also überlegt, wie ich an mein Rothirschgeweih zu Weihnachten komme. Zum Kaufen eines Sammlerstückes fehlt mir das nötige Kleingeld, und auch wenn heutzutage nicht mehr wie zu Zeiten Wilhelm Tells die Armbrust gegen das Wild gerichtet wird, sondern der Jäger komfortabel aus 200 Metern Entfernung mit Gewehr samt Zielfernrohr anlegt, kommt auch diese Beschaffungsmethode für mich nicht infrage. Also habe ich mir eine mächtige Rotwildtrophäe einfach selbst aus Papier gebastelt.
Obwohl mein prächtiger Wandschmuck 37 Zentimeter hoch und 33 Zentimeter breit ist, habe ich einen Rat des einstigen Jägers aus Uri befolgt und darauf geachtet, dass das Hirschgeweih aus Papier auch dank der Stecktiertechnik einfach von Kindern nachgebastelt werden kann, denn:
TELL: Früh übt sich, was ein Meister werden will.
Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Durchgesehene Ausgabe. Stuttgart: Phillip Reclam jun. GmbH & Co. KG 2000.
Ich schildere Ihnen nun, wie Sie ein prunkvolles Hirschgeweih aus Papier basteln können, und gebe Ihnen dazu meine Schablonen an die Hand. Außerdem zeige ich Ihnen, dass die gekrönte Wandtafel im Handumdrehen zu einer vergnügten Weihnachtsdekoration umfunktioniert werden kann.
Bastelanleitung für Hirschgeweih
Als Basismaterial für das Hirschgeweih verwendete ich schwarze Wellpappe sowie Tonpapier in Grün, Rot und in drei Brauntönen. Für das Hirschgesicht nahm ich außerdem noch kleine, schwarze und rote Pompons zur Hilfe. Als Werkzeuge kamen eine Schere, flüssiger Kleber, ein Bastelmesser, ein Eyelet-Setter, braune Malkastenfarbe und meine DIN A4 Bastelschablonen (#1 /#2 /#3 /#4 /#5 /#6 /#7 /#8 /#9 /#10 /#11 /#12 /#13 /#14) zum Einsatz.
Optional: Für die weihnachtliche Variante sollten Sie sich des Weiteren noch 3D Kunstschnee, eine kleine Nikolausmütze und kleine Fimo Geschenke bereitlegen. Ich begann mit den Schablonen #1 - #3 und damit mit dem Trophäenbrett. Alle Elemente der Schablonen fertigte ich zunächst zweimal aus schwarzer Wellpappe und Tonpapier an.
Im Anschluss klebte ich immer zwei identische Wellpappenelemente aufeinander. Wichtig: Ich klebte die Wellpappe so, dass die Rillen innen liegen. Darauffolgend verkleidete ich die drei schwarzen Einzelteile mit den gleichartigen Tonpapierelementen. Hinweis: Das mittelgroße Element fertigte ich aus grünem Tonpapier an, die anderen aus rotfarbigem Papier.
Mithilfe eines Bastelmessers schnitt ich nun die Einschnitte (siehe Schablonen) in die einzelnen Platten und stanzte die Löcher zum Aufhängen mit einem Eyelet-Setter ein. Gleich danach klebte ich meine drei wappenähnlichen Einzelteile der Größe nach zu einem stabilen Trophäenbrett aus Papier aufeinander. Hierbei ist es besonders wichtig, dass die Einschnitte symmetrisch übereinanderliegen. Eventuell müssen Sie hier nach dem Kleben noch einmal nachschneiden bzw. nachstanzen.
Schädel des Rothirsches zusammenstecken
Grundsätzliches: Auf den Schablonen #4 - #11 befindet sich der Schädel des Hirsches (insgesamt 14 Einzelteile) und auf Schablone #12 sind die Ohren zu finden (4 Elemente). Alle Schablonenteile habe ich wie beim Trophäenbrett innen zweimal mit schwarzer Wellpappe verstärkt und außen mit Brauntönen aus Tonpapier verkleidet.
Zuallererst fertigte ich die beiden Grundpfeiler des Schädels von Schablone #4 an und steckte diese in die beiden Einschnitte des Trophäenbretts. Anschließend bestrich ich die beiden Einstecklaschen der Grundpfeiler mit flüssigem Kleber und knickte diese um, sodass diese fest an der Hinterseite des Trophäenbretts festklebten. Alle folgenden Einzelteile der Schablonen #5 - #11 habe ich danach der Reihe nach von oben nach unten in die Grundpfeiler eingesteckt.
Mit den kleinen Steckelementen von Schablone #11 für die Stirn des Rothirschkopfes ist der Schädel so gut wie abgeschlossen, es fehlen noch die Ohren von Schablone #12. Auch diese habe ich wieder aus einem Gemisch aus Wellpappe und Tonpapier angefertigt, nur habe ich diesmal zwei unterschiedliche Brauntöne verwendet. So ist das Innere der Ohren hellbraun und die Ohren selbst dunkelbraun. Wichtig: Die Ohren klebte ich hinter das bereits eingesteckte Element von Schablone #8.
Rothirsch bekommt sein königliches Geweih
Mein Rothirsch ist ein prächtiger Vierzehnender, sein Geweih besteht aus 8 Steckelementen, die wie bisher jedes Element aus Wellpappe und Tonpapier (dunkelbraun) bestehen.
Nachdem ich die beiden großen Stangenelemente von Schablone #13 angefertigt hatte, steckte ich die kleinen Verzweigungen von Schablone #14 in die Einschnitte (siehe Schablonen). Die fertiggestellte Krone des Haarwildes klebte ich rechts und links an die Hinterseite des Schädelelements von Schablone #9. Wichtig: Das Geweih ist sehr schwer, verwenden Sie deshalb ausreichend flüssigen Kleber und lassen Sie das Ganze einige Zeit gut antrocknen.
Im Anschluss kümmerte ich mich um die Schönheitskorrekturen. Ich nahm also braune Wasserfarben und einen Pinsel zur Hand und marmorierte zunächst mein gefegtes Papiergeweih solange, bis es verwittert aussah. Danach färbte ich auch die Zwischenräume der Steckelemente des Schädels mit einem passenden Braunton ein. Das Gesicht der Jagdtrophäe hielt ich bewusst spartanisch.
Nase und Augen bestehen aus roten und schwarzen Pompons und diese habe ich einfach, symmetrisch zueinander auf die Papierelemente geklebt. Danach ist mein klassisches Hirschgeweih aus Papier einsatzbereit und kann über das Loch am Trophäenbrett an der Wand aufgehangen werden. Mein Bastelmotiv soll jedoch als ausgefallene Weihnachtsdekoration fungieren.
Deshalb klebte ich mittig auf den Schädel eine kleine Nikolausmütze aus Stoff und verzierte das Geweih noch mit 3D Kunstschnee. Um den Hals klebte ich außerdem noch vier kleine Tannenzweige, die ich mir aus dunkelgrünem Tonpapier zurechtschnitt. Auch diese Zweige benetzte ich leicht mit dem Kunstschnee und klebte abschließend noch kleine, bunte Fimo Geschenke auf.
Fazit
Ich persönlich liebe ja dreidimensionale und stabile Bastelmotive, bei denen man auch was in der Hand hat. Wenn es Ihnen genauso geht, dann ist dieses Hirschgeweih aus Papier genau das Richtige für Sie. Die verwendete Stecktiertechnik ist wirklich kinderleicht, da sich die Schritte immer wiederholen, jedoch ist der gekrönte Wandschmuck tatsächlich ein sehr aufwendiges Motiv, für welches ich zirka vier Stunden Bastelzeit benötigte. Mein Rothirsch hängt bei mir über einer Kommode, auf der sich derzeit Weihnachtsdeko befindet, im Flur. Jeder, der dieses Papiergeweih bisher live begutachten durfte, war begeistert. Selbst der Heizungsableser wollte es mir abkaufen und bei sich in die Dienststelle hängen.
Bekanntlich wird Rotwild in Deutschland gejagt, da es die Triebe und die Rinde junger Bäume frisst und somit den Wald nachhaltig schädigt. Interessant dabei ist, dass Rothirsche eigentlich besonders gerne Gras fressen und sich lieber auf Wiesen, als im Wald aufhalten würden. Ihre Intelligenz wird ihnen jedoch zum Verhängnis, denn sie haben sich im Laufe der Zeit gemerkt, dass dort der Jäger warten könnte, bleiben deshalb im Wald und nagen dadurch natürlich noch mehr an den Bäumen.
Rothirsche sind sehr sensibel, sehr intelligent und sehr lernfähig. Der Abschuss eines Herdenmitglieds bedeutet eine negative Erfahrung, die nicht vergessen wird.
Freundeskreis Nationalpark Schwarzwald e.V.: Der Rothirsch ist der Platzhirsch. pro-nationalpark-schwarzwald.de (12/2015).
Wie Sie sehen, ist es immer eine sehr schwere Aufgabe Forstwirtschaft, Tourismus, Natur- und Tierschutz im Gleichgewicht zu halten. Ich bin froh, dass ich mir bei meiner künstlichen Jagdtrophäe um solche Dinge keine Sorgen machen muss.
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