Die arme Birne (englisch pear) hat es hierzulande im Reich des Apfels nicht leicht. In Deutschland wird die fruchtig-würzig schmeckende, und im Mund schmelzende Birne im Gegensatz zur Apfelfrucht und zum Erdapfel nur stiefmütterlich behandelt. Der Apfel-Po ist ebenso ein Schönheitsideal, ganz im Gegenteil zum Birnen-Po.
[...] der Apfel-Po zu den beliebtesten Po-Formen gezählt. Tomaten-, Birnen- und Kartoffel-Popos haben ihre typischen Probleme.
Kulterer, Lydia: Welcher Po-Typ bist du und wie solltest du trainieren? pouebungen.com (09/2015).
Ich hingegen liebe himmlisch süße Birnen, denn Äpfel machten schon in der Heiligen Schrift nur Ärger und außerdem bin ich nicht der Überzeugung, dass man hin und wieder in den sauren Apfel beißen muss. In unseren Gärten wächst vor allem die Williams Christbirne (Pyrus communis). Der Name des leckeren Rosengewächses hat zwar etwas Himmlisches, ist jedoch keineswegs vom Himmel gefallen. Er geht zum einen auf König Ludwig XI., seines Zeichens König von Frankreich, ins 15. Jahrhundert zurück.
Dieser Herrscher war so in seinem Glauben gefestigt, dass ihm der Papst sogar den Titel Allerchristlichster König verlieh. 1483 lag der König in seinem Sterbebett und an seiner Seite war der italienische Heiler Franz von Paola. Der Heiler gab dem König einen Birnensamen, der aus seiner Heimat Kalabrien stammte. Außerdem forderte er Ludwig XI. auf, diesen einzupflanzen und das Rosengewächs zu pflegen. Der schwache König folgte den Anweisungen und kam daraufhin wieder für kurze Zeit zu Kräften. Der Birnenbaum, der aus dem Samen entsprang, wurde deshalb auf den Namen „Bon Chrétien” (Guter Christ) getauft.
Upon examining the king, the healer gave him a single pear seed from his native homeland of Calabria, a region in Southern Italy. He told the king to care for the pear and plant it.
Andrews, Salette: Williams Bon Chretien. answers.com (09/2015).
Im 16. Jahrhundert wurde die „Bon Chrétien” nach England importiert und weiter kultiviert, sodass es Ende des 17. Jahrhunderts 129 europäische Birnensorten gab. Die beste Variation der „Bon Chrétien” wurde im südlichen Teil Englands zwischen 1765 und 1770 von einem Schuldirektor entwickelt. Ein Gärtner mit dem Namen William erwarb diese Birnensorte und verbreitet sie im ganzen Land unter dem Namen „Williams’ good Christian”.
In 1770 one of the most important varieties still in cultivation today was developed. It was the William’s Bon Chrétien bred by Stair, a schoolmaster at Aldermaston in Berkshire.
Gunningham, Paul: A History of Pear Growing in the UK. homepage.ntlworld.com (09/2015).
Und weil ich im Spätsommer gar nicht genug von dieser geschichtsträchtigen Birne bekommen kann, habe ich zwei Variationen aus Papier gebastelt.
Meine dreidimensionalen Papierbirnen sind jeweils 9 Zentimeter lang und 5 Zentimeter breit. Die Früchtchen lassen sich perfekt für dekorative Zwecke aufhängen oder können einen wichtigen Platz in Ihrem Erntedankkorb aus Papier einnehmen.
Stabile Birnen aus Pappmaché basteln
Meine erste Birnenvariation ist für grobmotorische Bastler oder kleine Kinder geeignet, die dennoch wunderschönes Papierobst anfertigen wollen. Als Technik nahm ich mir hierfür Pappmaché zur Hilfe und legte mir deshalb Kleister, eine Schüssel mit Wasser, Luftballons, Zeitungspapier und einen flüssigen Kleber zurecht. Zur Kolorierung der Papierbirne verwendete ich einen gewöhnlichen Wassermalkasten.
Als weitere Besonderheit, damit die künstlichen Birnen so real wie möglich aussehen, habe ich Äste und Blätter gesammelt, die ich zwei Tage vorher getrocknet habe. Ich rührte zunächst meinen Kleister nach der Verpackungsanweisung an und riss mir kleine Stücke aus Zeitungspapier zurecht. Anschließend blies ich einen Luftballon in der Größe auf, die später meine Birne haben sollte.
Ich tunkte das zerrissene Zeitungspapier in Kleister und legte es um den Luftballon, danach ließ ich das Ganze über Nacht trocknen. Am nächsten Tag entfernte ich den Luftballon aus dem hart gewordenen Zeitungspapier. Gleich im Anschluss bemalte ich meinen birnenförmigen Papierball mit Wasserfarben.
Zum gleichmäßigen Trocknen hängte ich meine angefertigten Birnen für ungefähr zwei Stunden an einer Schnur auf. Darauffolgend nahm ich immer eine meiner kolorierten Papierbirnen und klebte zuerst einen Stiel (dünnen Ast) und anschließend ein getrocknetes Baumblatt mit viel flüssigem Kleber an der schmalen Lochseite fest. Damit ist eine stabile und originalgetreue Papierbirne fertiggestellt. Tipp: Falls Ihr Papierobst wie im Supermarkt glänzen soll, besprühen Sie es am Ende mit Klarlack.
Filigrane Papierbirne mit Kerngehäuse
Falls Sie eher ein Papierfreund sind, für den Ästhetik und Filigranarbeit im Vordergrund steht, könnte meine zweite Birnen-Variation etwas für Sie sein. Für die Papierbirne mit Kerngehäuse verwendete ich Tonpapier in den Farben Beige, Hellgelb, Gelb, Hellgrün, Grün und Braun sowie eine Nähnadel und gelben Bast. Als Werkzeuge kamen außerdem ein Locher, ein gelber Strohhalm,
flüssiger Kleber, ein Eyelet-Setter, eine Schere, ein Dottingtool und meine DIN A4 Bastelschablone zum Einsatz. Die Birne besteht aus drei verschiedenen Gehäusen. Die unterschiedlich langen Papierstreifen (siehe Schablone) fertigte ich aus drei Tonpapierfarbtönen an. In die einzelnen Streifen stanzte ich anschließend Löcher mithilfe eines Eyelet-Setters. Die Birnenkerne sind aus braunem Tonpapier, acht davon stanzte ich mithilfe eines Bürolochers aus.
Meine unterschiedlichen, gelochten Papierstreifen klebte ich zu drei einzelnen Papiersternen zusammen. Auf jeden zweiten Streifen meines kleinsten, beigefarbenen Sterns klebte ich außerdem jeweils zwei braune Birnenkerne auf. Aus einem gelben Trinkstrohhalm schnitt ich mir gleich darauf drei Stücke mit einer Länge von 2, 2,5 und 4,5 Zentimetern zurecht.
Die Papierbirne wird zusammengenäht
Nach diesen Vorbereitungsschritten begann ich nun mit dem Zusammenbau der Birne. Dafür nahm ich eine Nähnadel und fädelte ein langes Stück gelben Bast auf, welches ich am Ende verknotete. Ich zog die Nadel zuerst durch die Mitte des größten Papiersterns, danach durch den nächstkleineren. Darauf folgte das 2 Zentimeter große Strohhalmstück und darauf dann der kleinste Stern mit den Kernen.
Weiter fädelte ich das 2,5 Zentimeter große Strohhalmstück auf. Nun wird das Kerngehäuse geformt. Dafür fädelte ich Streifen für Streifen vom kleinsten Papierstern auf und schloss das Ganze mit dem 4,5 Zentimeter großen Strohhalmstück ab. Im Anschluss wird die Birne geformt. Dafür fädelte ich zunächst die Papierstreifen des mittleren, und danach die Streifen des größten Papiersterns auf.
Die Kugelform mit Kerngehäuse legte ich im Anschluss kurz beiseite. Von der Schablone fertigte ich mir nun die beiden Blätter und den Stiel aus Tonpapier an. Ich klebte die beiden Blätter versetzt zueinander zusammen und lochte diese mithilfe des Eyelet-Setters. Der Stiel ist ein Röllchen aus braunem Tonpapier. Ich nahm danach wieder Nadel und Birne zur Hand und fädelte zunächst die beiden Blätter und anschließend den Stiel auf. Ich entfernte die Nadel und knotete das Bastende zusammen, danach nahm ich das Dottingtool und brachte damit die Papierstreifen in die typische Birnenform. Schon ist die filigrane Birne aus Papier fertiggestellt.
Fazit
Meine erste Pappmaché-Variation mag ich deshalb, da sich diese super gut mit Kindern basteln lässt und man in kurzer Zeit ein außergewöhnlich gutes Ergebnis erzielt. Als Bastlerin und Genießerin mit Leib und Seele ist meine genähte Birne dennoch mein Favorit. Ob die Unpopularität der Birne wohl daran liegt, dass Deutsche gerne Fast Food mögen?
Meine Mutter ging mit mir mit 16 zu einem Kebab-Stand, weil ich das Fladenbrot mit den unidentifizierbaren braunen Fleischstücken, die von diesem rotierenden Elefantenbein heruntergeschnitten wurden, noch nie probiert hatte.
Walker, Ella: Ich weiß, ich sollte Fast Food hassen. Aber ich kann nicht! munchies.vice.com (09/2015).
Einen Apfel pflücken Sie vom Baum, reiben ihn kurz an Ihrem T-Shirt und beißen hinein. Ich kenne Menschen, die essen vom Apfel alles bis auf den Stiel. Mit einer Birne geht das zwar prinzipiell auch, jedoch läuft Ihnen dabei der süße Saft am Mund hinunter und mit Pech auf Ihr Oberteil. Außerdem haben Sie nach dem Verzehr klebrige Finger. Demnach ist eine Birne eben eine echte Genießerfrucht, die erst in Kompositionen wie in einem Mohn-Schmandkuchen erblüht.
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Luisa sagt:
Sehr interessante Geschichte, wahnsinnig toll zusammengetragen. Mein kleiner Sohn und ich sind ebenfalls große Birnenfans haben aber leider keinen eigenen Garten. Er lernt im Kindergarten gerade einheimische Obstsorten kennen und da sollen sie was basteln oder malen und so bin ich hier gelandet 🙂 Wir machen wahrscheinlich die Pappmachee Birnen nach damit kennt er sich schon aus. Liebe Grüße und danke für die Ideen wünschen Leon und Luisa.
Nela sagt:
Moin ich war auf der Suche nach ein paar frischen Dekosachen für meinen Laden, die man selbst machen kann und muss mich erstmal für die kleine Anfangsgeschichte bedanken. Ist ja super interessant! Die Birnen aus Pappmaschee sind genau mein Ding, bin eher Grobmotorikerin 🙂 und genau das was ich gesucht hatte. Solltest du mal auf Hooge kommen, meld’ dich bei mir! Nordische Grüße Nela.